Heute vor 6 Jahren in Bodos Welt: Berufsziel: Diktator


Neben Alligator und Elevator gehört auch der Diktator zu den Berufen, deren Bezeichnung kaum jemand kennt, aber den aus dem Bauch heraus viele ergreifen wollen. Ich weiß nicht, was der tun muss, aber ich finde, das klingt so schön, so akademisch: Diktator. Das hört man Ausbildungsplatzsuchende sagen, und auch die ältere Generation schwärmt von den Möglichkeiten, die die Ausbildung bietet. Sagen, wo's langgeht. Sprechen, und alle müssen zuhören. Müssen, Betonung liegt auf müssen!
Blödsinn herumschreien und alle klatschen Applaus.
Vermutet man das Wort in der Nähe des Diktiergerätes, so liegt man nicht falsch: Der Diktator sagt, was das Diktiergerät aufnehmen soll. Heute hat man digitale Geräte, deren Aufzeichnungen man problemlos löschen kann.
Früher war das Volk das Diktiergerät, das alles ins Hirn schrieb, was der Meister sagte, und anschließend in die Tat umsetzte, egal, welcher Schwachsinn, welcher menschenverachtende Unsinn den zynischen Lippen entsprang. Das Diktiergerät hatte es sowieso nicht verstanden, aufgrund eines irreparablen Sprachfehlers des Sprechers, hatte aber alles aufgezeichnet. Aufgezeichnet, sagte der Diktator, und meinte ausgezeichnet. Dem Volk war es egal, Hauptsache es hatte eine feste Anstellung, denn Diktiergeräte mussten nicht denken. Ob aufgezeichnet oder ausgezeichnet - worin liegt denn schon der Unterschied?
Missverständnisse in Aussprache und Aufnahme haben zu den größten Katastrophen der Menschheit geführt. Warum will niemand Posh Spice werden? Weil das fast polnisch klingt, weil vor lauter S- und Sch-Lauten die Arbeitsplatte schwimmt! Diktator, ein gutes Wort. Kein s, kein sch. Etwas für Leute mit Sprachfehler. Manchmal reicht es auch, nicht malen zu können.