Günter Krass - Schreckensmasken auf den Märkten

Angst in den Augen und auf den Gesichtern der Menschen auf den glühweinverzehrenden Märkten. Die Erde unter ihnen, das Pflaster, worunter wir den Strand vermuten, befleckt. Ist der Glühwein erst einmal vergossen, so will mancher volkstümeln, dann, ja, was dann?
Hier aber setzt der Verstand schon aus, denn das hirntötende Mischgetränk wirkt besonders, wenn es erhitzt wird und benebelt anfangs nur, später wiegt es in einer Art Puschengemütlichkeit, dass jeder glaubt, er gehöre irgendwo zu.
Die Einsamkeit wird runtergespült, während die Engel vom Kinderkarussell das tausendste Stille Nacht skandieren.
Früher haben wir Pflastersteine geworfen, heute besudeln wir sie mit gesellschaftsstabilisierenden Rauschsäften, weil uns der Mut zur Veränderung fehlt.
Wenn die Buden und Verkaufsstände abgebaut, sehen wir das Übel: Hier das tiefe Rot des selbstverliebten Bekleckerns, dort das unschuldige Hell, über dem die Hütten gestanden haben. Wir vergießen unsere Tränen ob verpasster Chancen und träumen vom Plastersteinwurf. In tiefer Depression gehen wir an den Medizinschrank, entnehmen ihm zwei Aspirin und etwas Heftpflaster, um uns in peinlicher Selbstbestrafung die Augen zu verkleben.