Ich habe letzte Woche erst, ich bin nicht dran.
Die Anschaffung eines Automaten, der selbständig das braune Getränk aufbrüht, wird vorgeschlagen; entgegengehalten werden die Kosten und die Lieblosigkeit einer Maschine.
Dieser müßigen Diskussion kann man als Kollege oder Schulleiter, als Referendar oder Sozialpädagoge, Schulpfarrer oder befristet Angestellter entgegenwirken. Es ist für alle etwas dabei, jeder wird über das Getränk hinaus profitieren:
Der Mathematiker überprüft
aus dem Bereich Stochastik, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass der
Automat das Bestellte auswirft, dass Wechselgeld gezahlt wird, dass überhaupt
etwas ausgegeben wird?Er ist sinnvoll beschäftigt und kann keinen Unfug
anstellen.
Der Biologe überprüft die
Vermehrungsgeschwindigkeit einer Bakterienkultur, die sich spontan auf den
Fliesen in einem Sabberfleck vor dem Gerät entfaltet;
der Sozialpädagoge mit
psychologischer Ausrichtung, der heimlich im Kaffeesatz liest, arbeitet hier am
Neuansatz des Rohrschach-Tests und will Hinweise auf Psyche und pathologische
Befunde der Automatennutzer.
Der Künstler erfreut
sich am Lichterspiel und interpretiert die aleatorischen Muster und
expressionistischen Monotypien, die durch die Fugen der Bodenfliesen bereits
gerahmt zu sein scheinen.
Der Musiker lauscht
dem Rhythmus der Mechanik, der Maschinenmusik, die in seiner faszinierenden
Monotonie tranceartige Zustände provoziert.
Der Ganzheitspädagoge, der
mit allen Sinnen wahrnehmen will, prüft visuell, tastet das Exsudat ab,
schnuppert und leckt an ihm und befindet: Kalter Kaffee. Macht nichts, er hat
sowieso vergessen, auditiv wahrzunehmen.
Der Germanist freut
sich über kreative Erklärungsgestaltung, warum ein Pappbecher voll heißer
Automatenausscheidung, die man unter dem Stichwort Kaffee erhält, nicht in der
Pause und auch nicht vor dem Unterricht getrunken werden kann, sondern in
diesen hineingeschleppt werden muss.
Erörterung und kontroverse Diskussion
schließen sich an: Soll nur der Plastikbecher mit Inhalt oder auch der Halter
den Raum verlassen? Wer kommt schließlich für die Reinigung des dabei
besudelten Teppichbodens auf?
Hier wäre die Rechtsabteilung einer
Bezirksregierung bzw. ein guter Vertreter einer führenden
Haftpflichtversicherung bemüht.
Welcher Quell an Stoff für den GL-Lehrer:
Wieso eigentlich fairen Kaffee trinken, wenn man den normalen genauso teuer
kaufen kann?
Pappbecher erhalten den grünen
Punkt! Das ist doch eine gute Sache!
Der Theologe erklärt: Das
hier ist kein Goldenes Kalb, dem die Koffeinabhängigen huldigen und ihr sauer
abgeschwatztes Taschengeld spenden: Hier wird nur mit Wasser gekocht!
Der Anglist freut sich,
dass der
Automat in Englisch angesprochen
werden kann und er trotzdem auf Deutsch serviert; das gleiche gilt für
Französisch.
Das Transportieren der biegsamen
Becher, wenn sie mit heißem Gebräu gefüllt sind, schult die Feinmotorik.
Und wichtig: Gelassenheit, die
wir alle anstreben, wird ausgebildet: Gelassen wird der Gong überhört, wenn man
Heißes in den Händen hält, und Vergossenes wird auf dem Boden gelassen.
Und wichtig: Drüber sprechen.
Drüber hinwegschauen und drübersprechen.
Wichtiges wir unwichtig. Das
macht uns alle lockerer und ein Stückchen weit frei. Und wenn es das Stückechen
Zucker ist, das wir dem Ausgeschiedenen zufügen.
Kaffeautomaten sind ein Muss für
jede Schule, die funktionieren will, für jede Anstalt, die intakt wirken will.