Am Anfang war das Dorf (47): Maggi

Das Universalgewürz ist Maggi. Keine Suppe, kein Eintopf ohne Maggi.
Die Wunderwürze ist wichtiger als das Gericht.
Wenn die Suppe auf dem Tisch steht und dampft, entlockt der Familienvorsteher der braunen Flasche durch die rote spitze Kappe den Geschmacksverstärker tropfenweise mittels leichter Stoßbewegungen der rechten Hand und befördert sie in die liebevoll von der Ehefrau gekochte Hühnersuppe oder den Schnippelbohneneintopf. Er bestätigt damit, dass jetzt gegessen werden darf. In der Regel wird nicht vor dem Nachwürzvorgang  gekostet, der Köchin wird bestätigt, dass sie die Suppe nicht versalzen hat und der Mann drückt aus, dass er etwas Kräftiges braucht.Der Nachwürzer hat somit teil am Kochvorgang und das letzte Wort, beziehungsweise den letzten Tropfe, der das Gericht adelt. Auch in einem Arbeiterhaushalt.
Josef Beuys klebt später eine Maggiflasche auf braune Pappe und ernennt das zu Kunst. Er zeigt wieder, dass seine These stimmt: Jeder kann ein Künstler sein, selbst wenn er nur eine Maggiflasche besitzt und etwas braunen Karton. Geld lässt sich damit aber nur machen, wenn man Beuys heißt.
Maggi bekommt später Konkurrenz durch Fondor, das man in die Suppe streuen kann, um ihren Geschmeck zu überdecken.
Bis heute hat sich das rituelle Nachwürzen bei Zeitgenossen erhalten, die -ohne gekostet zu haben- 20 Gramm Salz aus dem Streuer schütteln und dem Gericht vor ihnen das Prädikat „Da könnte noch ein etwas Salz dran“ zu erteilen. Vor jeder Erfahrung! Vielfach handelt es sich um Menschen, die ihrer Geschmacksknospen verlustig gegangen sind, oder die sich einen Dreck um die Gefühle einer gestressten Hausfrau kümmern, die alles gegeben hat.