Am Anfang war das Dorf (46)

 Und sonntags in die Kirche

Samstags wird der Hof gefegt. Sonntags geht man in die Kirche. Man heißt: Frauen gehen in die Kirche, die meisten Männer bleiben zu Hause, gehen zum Frühschoppen oder warten schon nach dem Frühstück aufs Mittagessen. Manche polieren ihr Auto.

Wer zu viel in die Kirche geht, gilt als fromm. Fromm ist anders als die andern. Wer zu fromm ist, gehört nicht dazu, ist hochnäsig und rümpft die Hochnase. Bestimmt.

Man geht in die Kirche, weil man immer schon gegangen ist. Vielleicht auch, um dem lieben Gott nicht unangenehm aufzufallen, oder dem Pastor. Der liebe Gott sieht alles, das weiß man doch. Jeder möchte ins Paradies. Keiner will in die Hölle. Heimlich zweifeln die Kirchgängerinnen und die Männer sowieso. Ewiges Leben, meine Güte, wie lang soll das dauern? Wenn man die Ewigkeit halbiert, hat man zwei Ewigkeiten. Unvorstellbar. Was macht man den die ganze Zeit? 


Die Frommen sind gläubig. Sie wissen, dass es das alles gibt. Sie singen laut.

Wer zu laut singt, wird schräg angesehen. Manche ältere Frauen kennen alle Choräle auswendig. Wenn Männer singen, hört man das nicht.

Wer sonntags nicht in die Kirche geht, kommt nicht in den Himmel. 

Der Protestant hat es schwer, er wartet auf das Jüngste Gericht. Da erhält er die Abrechnung. Schlechte Taten, gute Taten. Das reicht wohl nicht. Und jetzt?

Der Katholik hat es einfach: Der geht zur Beichte und kann dann bei null wieder anfangen. Nach der Kirche geht er in die Wirtschaft und trinkt Bier .Die Frauen sorgen fürs Mittagessen und die Kinder. Kinder, Küche, Kirche. So funktioniert die Welt. Auch bei den Evangelischen.

Tu Gutes und sprich drüber, weiß der weise Volksmund. Falls der liebe Gott das mal nicht gesehen hat. Der Katholik ist ein fröhlicher Mensch, er weiß sich auf sicherer Seite. Der Beichtvater macht den Himmel für ihn klar. Dafür weiß der ja auch eine Menge über ihn. Und hat einen guten Draht nach oben. 

Der Protestant bleibt immer in Sorge, ob seine guten Taten für einen Platz im Paradies ausreichen. Vorsichtshalber spendet er noch 10 Mark für Brot für die Welt. Das sind ja auch Menschen und die haben Hunger. Um 12 ist die Sonntagssuppe auf dem Tisch, zehn nach zwölf der Braten. Jetzt kann der Sonntag losgehen.