Plattentektonik und Erkenntnis

WIlfried Hackeböller: Kachel 3/126
 "Hund, Katze, Großohrhamster und liegendes Huhn neben Belgischem Rammler"
(2013)
Wir sehen, was wir sehen wollen.
Aber manchmal ist das, was wir sehen, auch zwingend; wir entscheiden nicht über das, was sich uns entgegenstellt.
Wer die Hackeböllersche Plattentektonik auf dessen Minibalkon besichtigt hat, wer diese Ausstellung des Minimalismus bei größtmöglicher Gewinnerwartung und kleinstmöglichem Arbeitseinsatz gesehen hat, wer weiß, dass hier dem Künstler "Zufall" die Kreativität überlassen worden ist,  der kann nur noch losschauen und einen Sinn hinter dem Gesprenkel suchen.
Eine Anordnung von Flecken und Linien drängt förmlich dahin, Kritik an Haustierhaltung und vor allem dem Haustier "an sich" zu üben.
Die Katze als Obertier, weil angeblich mit dem schärfsten Verstand beschenkt, will herrschen, schaut auf den tumben Hund herab, der sich duckt, weil er Angst vor Schmerzen hat, weil er in der Hundeschule in der selben Ecke stehen musste, in die er seine stinkende Hinterlassenschaft abgelegt hatte und weil er einfach ein Herrchen braucht, das ihm sagt, wann es losgeht und wohin.

Oben und unten sind klar geregelt; der Mensch merkt nichts und hält sich raus; am Elend der Tierhierarchie kann er nichts ändern. Der Großohrhamster unterlässt Hilfeleistung und macht sich zum verachteten Tier, das nur dem Eigennutz huldigt.Er bleibt unauffällig und karikiert damit den Massenmenschen, der sein Geld in Depots und Fonds hortet und den die Raffgier auffressen möchte, wenn er nicht einen  Nachgeschmack hinterlassen würde.

Ein erstauntes Kaninchen sitzt zwischen allen Stühlen und kann sich nicht entscheiden. Die Katze fräße es, wäre es nicht ein Belgischer Rammler, der ihr problemlos ein Schleudertrauma verpassen könnte. Kaninchen sind in der Regel recht schlicht gestrickt, das Belgische Rassetier ist da keine Ausnahme.

Ein blindes Huhn hat sich auf die Seite gelegt und den Schnabel gegen ein Maul getauscht, um noch erstaunter auszusehen. Dass es wirkt, als wolle es mit dem Hund kuscheln, scheint niemanden zu befremden, denn Hühner sind devot und haben nach dem Eierlegen nur das Bequeme im Sinn.
Das alles, das allesallesalles und noch viel mehr kann man auf einer einzigen Fliese entdecken. Wer die Augen öffnet, kann mit dem Sehen beginnen.
Man mag von Hackeböller als Künstler halten was man will, oder auch nicht.

Die Tierwelt dankt es mit einem "mmmmmmrrrrrrrrruuuaaaaaaaaahhuööööörwuff!" und hofft, dass sie nicht unentdeckt bleibt.