A bis Z des Rock: The Rolling Stones

Wat es dat denn?, fragte Oma Uns an Weihnachten, als die Platte "Get off of my Cloud" von den Rolling Stones auf dem neuen Monarch-Plattenspieler von Neckermann, dem größten Versandhaus neben Quelle, lief. Der Plattenspieler war mit grauem Kunststoff bezogen und hatte einen eingebauten Lautsprecher. Die Klangregelung bestand aus lauter oder leiser, ein rotes Lämpchen leuchtete, wenn das Gerät unter Strom stand. Ein Klappdeckel machte das Gerät transportfähig; die Nadel wurde von Hand aufgelegt, der Sound war ausreichend und man konnte erkennen, um welches Stück es sich handelte.
Das doppelte off of war verstörend für Sprachanfänger des Englischen. Lag hier ein Schreibfehler vor - off mit zwei f - oder handelte es sich um den Sprachfehler eines Stotterers, den man zum Titel stilisiert hatte?
Egal. Die Oma fragte noch einmal: Wat es dat denn?, und brachte ihr Erstaunen und auch ihre Verstörung zum Ausdruck, dass man die Geräusche, die aus dem Plattenspieler quollen, als Musik bezeichnete.
Schnell wurde eine Platte mit Volksmusik aufgelegt, die der Cousin mit "Brotzeit im Walde" betitelt hatte, weil sich auf dem Cover der Platte eine Familie unter einem Baum auf einer Picknick-Decke ausgebreitet hatte, um dort Selbstgeschmiertes und Kaffee zu konsumieren. Hoch Heidecksburg und das Kufsteinlied schepperten durch Nadel, Gerät und Lautsprecher. Die Oma war beruhigt, dass die Musik nicht verloren war und schlief ein.
Als sie dann endgültig im Bett lag und weiterschlief, legten die Jüngeren unter den Weihnachtsfeiernden noch einmal die Geräusche-Platte auf. Nach dreimaligem Abspielen beharrte der Cousin auf Hoch Heidecksburg und Kufsteinlied, weil die Familie so lecker eine Brotzeit im Walde abhielt. Wie vielfältig Musik sein konnte und wie vielfältig der Geschmack. Das Ohr ist das Tor zur Seele, hatte ein weiser Mann mal gesagt. Der Eintritt zur Seele war an diesem Weihnachtsabend fehlgeschlagen; möglicherweise hatte der Mensch gar keine Seele mehr, sondern bereits "Sympathy for the Devil" und diese dem Besungenen überlassen. Das sollte sich aber erst später herausstellen, denn diese Platte gab es noch gar nicht.