Woran ich denke, wenn ich denke

Liebes Tagebuch!
Ich denke so viel und so oft. Nur am Morgen bin ich etwas schwerfällig, besonders beim Zeitungslesen. Heute morgen geht es gleich los: Heilfasten lässt Pfunde furzeln, lese ich, weil sich nach Fund eben ein furzeln anbietet, gemeint war aber purzeln, dass Pfunde purzeln. Ich hatte früher Schwierigkeiten einen Pruzelbaum zu machen, wohin die Pfunde purzeln, weiß ich nicht. Heute morgen scheine ich viel im unteren Bereich des menschlichen Körpers zu denken, auf einem Foto, an einem Bootsanleger geschossen, lese ich, dass die Slipeinlage für Wasserfahrzeuge gesperrt ist. Das Schild müsste bei dieser lustigen Verwechslung wahrscheinlich lachen, wenn es könnte, denn auf ihm stand das Wort Slipanlage. Ich konnte mir nur zusammenreimen, was eine Slipanlage ist. Mein Finanzberater hätte wohl nicht zu einer solchen geraten, und es schied wohl auch ein größeres Objekt, eine Anlage eben, mit tausend Slips befüllt, aus, vielmehr drehte es sich  um eine Art Gleitanlage für Boote, damit diese besser ins Nasse kommen können. Warum eine Gleitanlage - könnte man nicht Rutsche sagen? - warum also eine Gleitanlage Slipanlage heißen muss, ist mir nicht bekannt. Der Slip hieß früher Schlüpfer, und das ist ein deutsches Wort, das jeder versteht. Schlüpferanlage klingt aber  nicht gut. Vielleicht ist das europaweit normiert, damit auch der Österreicher genauso wie jeder andere Europäer sein Boot gleiten  lassen kann.
Als ich im Auto zur Arbeitsstelle fuhr, sagte die Ansagerin, dass man mit großer Mühe das Asylpaket eingetütet habe. Sonst heißt es immer, dass ein Paket geschnürt wurde, was aber keiner mehr macht, die meisten kleben ihr Paket mit Paketklebeband zu, was ja auch reicht. Das Asylpaket mit großer Mühe zugeklebt - wie klingt das denn? Auch wenn dieser bildhafte Ausdruck mal was Neues wäre und der Wirklichkeit entspräche, so klingt er eher lächerlich. Man weiß ja auch nicht, wie groß das Paket ist. Es kann allerdings auch nicht groß sein, wenn es in eine Tüte passt. Das Asylpaket wurde mit großer Mühe eingetütet. Ich wusste nicht, dass man Pakete in Tüten steckt. Trägt man die dann in diesen zur Post, um sie dort auszutüten und aufzugeben? Das Asylpaket ist mit großer Mühe aufgegeben worden, das klingt verständlich und irgendwie ehrlich. Ein Paket zukleben und aufgeben. Überhaupt die ganze Asylgeschichte aufgeben, weil die ja im Paket steckt. Arme Flüchltinge!Armes Deutschland!
Nach Feierabend habe ich noch ferngesehen und von der Trennung eines Prominentenehepaares gehört und gesehen. Die Namen habe ich vergessen, weil mich ein Zitat der beiden irritierte: Wir haben uns getrennt, weil unsere Lebensmittelpunkte wohl zu weit voneinander entfernt waren. Ich musste sofort an Rabattmarken denke und Klebehefte, und dass die beiden wohl beide Sammler waren, vielleicht um eine teflonbeschichtete Pfanne als Treueprämie 10 € günstiger zu bekommen, und irgendwie hatten sie diese Lebensmittelpunkte zu weit auseinander geklebt, sodass das Rabattheft nicht korrekt beklebt war und damit die Prämie hinfällig, auf die die beiden sich so gefreut hatten. Das ist vielleicht ein Grund, sich zu trennen. Auf jeden Fall kommt man mit einem solchen Zitat ins Fernsehen. Vielleicht ist das auch von Edeka gesponsort worden. Ich musste dann an die armen Verkäuferinnen denken, die tausendmal am Tag fragen: Haben Sie die Deutschlandkarte?
Ich will  immer antworten: Welchen Ort suchen sie denn? Vielleicht kann ich Ihnen auch so helfen. Nein, denke ich überhaupt nicht, ich denke, vielleicht kaufe ich mir eine Schirmmütze, auf der steht "Ich habe keine Deutschlandkarte und will auch keine haben, ich habe nie eine besessen und ich hasse es, Sammelpunkte zu sammeln, weil man sonst nichts mit ihnen machen kann, und ich möchte auch nicht gefragt werden, ob ich eine Deutschlandkarte habe, hatte oder haben wollen gehabt werde. Ruhe! Was muss ich zahlen?" Leider passt soviel Text nicht auf eine Mütze, und wenn, dann wäre es sehr kleingedruckt und könnte von der Frau an der Kasse nicht gelesen werden, weil die ja sitzen bleibt und nicht aufsteht, um meine Mütze zu lesen.
Ich glaube, ich höre jetzt auf zu schreiben, weil schon wieder Dinge denke, die ich vorhin noch nicht gedacht habe, und dadurch das, was ich vorhin gedacht habe, vielleicht vergesse. Bis morgen, liebes Tagebuch!