Mit den Augen einer Frau

Wollmaus oder Erdnuss?
Männer sehen in das Weite, Frauen blicken vor sich hin, in den Makrokosmos.
Dies ist Jagen, das ist Sammeln.
Der Mann schaut nach Mammut oder anderem Wild, um für Nahrung zu sorgen und die Sippe zu ernähren. Er denkt ans Überleben. Die Frau schaut nach unten, sucht den Boden ab, die Büsche, die nahe Umgebung, aber immer in Hock- oder Duckstellung, denn sie ist die Schwächere der beiden; und sie macht sich auch Sorgen um das Überleben der Sippe. Sie sucht nach Beeren, essbaren Insekten oder anderem Getier, das in die Suppe kann.
Das war damals, als es noch Mammuts gab.
Was ist geblieben, was finden wir in der modernen Zeit?
Der Mann schaut in die Weite: Wie spielt der Verein, was passiert in der Welt, droht vielleicht eine Gefahr durch Krieg oder verlieren wir bei der EM? Das sind seine Fragen, die als Archetypen in ihm verankert sind. Die Weite des Fußballstadions mag das symbolisieren.
Die Frau sucht den Boden nicht mehr nach Essbaren ab, sondern hat im Laufe der Jahrtausende den Blick für das zu Entfernende entwickelt. Irgendwann, geschätzt in der Bronzezeit, hat sie den Staub entdeckt.
In der Neuzeit kommt die Wollmaus hinzu und die Socke von gestern Abend, die einsame Erdnuss, die beim 2:1 aus den Fingern des Gatten gerutscht ist.
Kannst du mal durchsaugen, Herbert?, ruft sie in die Tiefe des Raumes.
Der Mann zuckt zusammen: Verdammt!
Er kramt den Vampyr aus der Abstellkammer und flucht leise: Von wegen "die Schwächere"!
Sie hat eben den Blick! Den Blick dafür!, murmelt er und saugt und hofft, dass er sie hinterher noch liebt.