Ich muss immer das letzte Wort haben


Das Auge der Wissenschaft im Alltag
Du musst immer das letzte Wort haben!, Das waren  vorwurfsvollen Worte der Erziehungsberechtigten und im Zögling reifte ein schlechtes Gewissen, so als sei es eine Straftat, das letzte Wort zu haben.
Später sollte sich herausstellen, dass es gut war, das letzte Wort zu haben, weil es gleichzeitig eine Demonstration von Macht war, ein Vorzeigen der Entscheidungsgewalt, ein Vorführen von Eloquenz: Dem fiel immer noch was ein, den konnte man nicht zum Schweigen bringen. Im positiven Fall der weiteren Entwicklung und Reifung zum Menschen kam ein engagierter, kritischer Verstand heraus, der permanent die Missstände der Gesellschaft anprangerte, im negativen Fall ein Politiker, was immer schon gleichbedeutend mit Opportunist war. Wenn man also die Chance hatte, das letzte Wort zu haben, nicht einmal auszusprechen -man musste es haben, das war Besitz und Waffe-  dann nutzte man sie auch. Als Politiker. 
Der Zögling aber dachte nicht nur über das aufkeimende schlechte Gewissen nach, sondern darüber, dass er den Satz "Du musst immer das letzte Wort haben!" natürlich mit einem "Stimmt doch gar nicht!" beantworten könnte, womit er die demütigende Aussage der Erwachsenen bestätigen müsste. Das wollte er nicht.
Wenn er aber schwieg, konnte es passieren, dass die Vorgesetzte, denn mehr war die Erziehungsberechtigte in diesem Kontext nicht in des Zöglings Augen, die Falsifizierung ihrer These, den Widerspruch ihrer Aussage, gar nicht wahrnahm, sondern in einer oft Erwachsenen eigenen Borniertheit, vielleicht Betriebsblindheit, gar nicht kapierte, dass sie gerade widerlegt worden war.
Eine stumme Falsifikation konnte möglicherweise die Erkenntnis blockieren oder sogar vollständig lähmen. Fatal in den Folgen: Die Erwachsenen würde immer so weiter machen und stumpf behaupten, er habe das letzte Wort immer, obwohl er bereits das tausendste Mal schwieg.
Also gab es nur die Flucht nach vorn: Eine provokante Äußerung musst getan werden, die die Dame nicht im Raum stehen lassen konnte, die sie wie durch einen immanente Zwang beantworten musste: Du hast doch immer das letzt Wort!
Auch wenn sich die Angesprochenen sprachlos fühlte, war doch sie derart enttäuscht sprachlos, dass sie sofort eine giftige Entgegnung los schleuderte und damit das Ziel des Zöglings erreichte, wenn auch ungewollt und vielleicht sogar unbewusst.
Wissenschaft im Alltag war ein hartes Stück Brot.
Geht doch!, rutschte dem Zögling heraus, und alle Mühe war umsonst gewesen.