Günter Krass - Fille de Kilimanjaro

Der Berg hatte gekreißt und eine Maus geboren, seine Tochter ist da. Er wundert sich, ein Berg, eine Geburt, ein Kind, eine Tochter. Wo ist die Frau, die ihn begattet hat? Der Berg steht. Oder hockt.

Die Tochter spielt am Fuße, hat ein Körbchen, sucht nach Usambara-Veilchen, die die Großmutter so mag, denn sie verschenkt sie an alle Menschen, denen sie etwas Gutes tun will.
Ich mag keine Umsambara-Veilchen, denkt der Berg, ich mag auch meinen Namen nicht, Kiliman, Kiliman, klingt wie ein altes Kinderspiel, bei dem der, der lacht, verliert, und die, die kitzeln, hören nicht auf, ergötzen sich an der Qual, die wie Freude klingt, aber zu Tortur wird bis zur Erschöpfung.
Die Tochter sucht weiter und weiß nicht, wo sie die Blumen finden soll. Die Suche ist das Eigentliche, das Finden nebensächlich. Der Großmutter zurückgeben, was sie ihr mit ihrem Geschenk angetan hat.
Ich mag keine Usambara-Veilchen, denkt die Tochter des Berges. Ich mag keine Alpenveilchen, ich mag keine Vonaltenfrauenblumenzumgeburtstaggeschenktobwohljederweißdassdiekeinermag.

Wo oft soll ich es noch herausschreien.
Ich mag keine Mon Chérie, die werde ich in den Küchenschrank stellen, vergessen, dann wiederfinden und feststellen, dass der Alkohol verdunstet ist und die Schokolade beschlagen, verblasst, weißlich.

Hört endlich zu, ihr Usambaraveilchenschenker. Hört endlich zu und behaltet eure Geschenke.
Der Himmel ist blau oder grau oder nicht zu sehen, weil Wolken ihn verdecken.
Die Menschen verrecken, aber sind entspannt, was soll schon passieren?
Wir haben nicht mal ein Handy.
Der Berg ist eingenickt.Er ruht in sich. Wo auch sonst?

Miles Davis anhören: Filles Kilimanjaro 2