Aus der Anfangszeit des Mobiltelefons: Schnurlos verschwunden


Früher war er auf Draht. Er stand auf der Leitung. Sie hatte ihn an der Strippe. 

Ach, was für Zeiten, als Derrick noch zum Telefon gehen mußte, oder Harry schickte. Heute der schnelle Griff an die Hose, dass kurzantennige Sprechmittel herausgerissen und ans Ohr gepresst. Wie lieblich die Gäste, die nicht ihre Apparatur in das Sofakissen drücken, um jederzeit ein Gespräch führen zu können, wie man etwa einen Eimer Pflaumen pflückt, oder warum der Topfkuchen verdorben ist, bzw. wie Schalke gespielt hat. Da konnten noch Freundschaften entstehen. Heute wackelt jede Halbintelligenz, die ein Formular ausfüllen kann und deren Dispokredit nicht überzogen ist, mit der  coltähnlichen Stusswaffe durch das Einkaufszentrum. John Wayne hätte seine Freude gehabt an solch Wichtigtuerei, wobei bedacht werden sollte, dass das Wort Wicht natürlich im Detail steckt. Drohgebärde, Imponiergehabe oder exhibitionistisches Outing? Ich ruf dich an! Ich bin wichtig! Ich kann überall telefonieren! Diese drei sollen Motivation sein, sich mit solchem Ballast zu behängen? 

Ich gebe zu: Es gab Zeiten, da hat das Schnurtelefon auch genervt. Als der Wählkasten so leicht war und die Strippe so stramm, nämlich. Da hatte man  nach dem Griff zum Hörer gleich auch die Restapparatur vor der Brust hängen, die sich an aufgedrehter Schnur langsam zurückkräuselte. Nicht schön, wahrlich. Aber was waren das für Dinger: Diese schwarzen, fetten Geräte, die schwer in der Hand lagen, und die jedem Sprecher den Mut gaben, das zu sagen, was er sagen wollte. Kein hektisches Gehechele, kein Business-Röcheln kurz vorm Verfall des Dow-Jones. Das satte Klacken, als fiele eine Mercedes-Tür ins Schloss, selbst nach schlechtem Gespräch, war eine sinnliche Erfahrung, die heute kaum noch jemand nachempfinden kann. Ach, wärn sie doch schnurlos verschwunden, diese Handys und Mobiles und was weiß ich samt ihren Usern. Telly Savalas gen. Kojak würde sich den finalen Schuss setzen, erführe er die unsägliche Schande, die seinem Namen widerfahren ist, nachdem die Telekom ihren werbewirksamen Esprit verspritzen wollte. Und Harry Belafonte rannte seinerzeit ahnunglos ins offene Messer: Hey, Mister Telliman, telli me Banana.... Und Onkel Tom hat in seiner Hütte noch nicht einmal Strom.