Herbstanfang im Nudistencamp

Vorbei die warmen Tage, vorbei die Tage, an denen man seinen nackten Körper stolz durch die Gegend zeigen konnte.
Die nasskalten Tage haben begonnen, die Tage von Sturm und erstem Bodenfrost.
Wie jedes Jar beginnt im Nudistencamp das große Rätselraten:Welche Körperteile bedecke ich, damit ich immer noch ein Nudist bin, und als solcher auch zu erkennen, nämlich durch das Bloßlegen der sonst unter Badehose und Badeanzug versteckten Gebiete? Schließlich will man nicht krank werden, denn wäre Schluss mit Beisechsgradgeschlechtsteileherumzeigen.
Ohne Mütze herumzulaufen bringt nichts, ebensowenig wie mit freiem Oberkörper, oder mit tiefem Dekolleté bei denen Damen, das machen doch alle, die Damen besonders auf den Oktoberfesten.
Letztlich bleibt nur: Hose aus und primäre Teile zeigen. Das macht sonst keiner. Da weiß jeder, dass hier ein FKKler bei der Stange bleibt. Auch wenn die Metapher nicht gelungen ist, denn die kalten Temperauren fördern eher eine gewisse Schrumpeligkeit und Bläulichkeit bei den Besitzern und entfernen diese von der vorherrschenden Geissenästhetik, dass alles glatt, tiefgebräunt und aufgespritzt sein muss, weil das von Luxus und Entspanntheit zeugt.
Das Fähnlein der sieben Aufrechten - auch das eine fehlplatzierte Metapher - trotzt dem Wetter für ihre Gesinnung: Dass Nacktherumrennen schön ist, dass es nicht um das Herzeigen geht, auch nicht um das Hinguckenkönnen, sondern um Natürlichkeit, um das Sein als Neugeborenes, um die Freiheit des Nativen. Besonders im Herbst lässt sich der auch körperlich vorpubertäre Zustand, fernab jeder Regung, simulieren. Und das ist schön. Wo, wenn nicht im Nudistencamp, hat man die Möglichkeit, in Gummistiefeln und Regenjacke und ohne Hose im Minimarkt des Camps vor der Fleischtheke zu stehen? Deshalb: Der Herbst bringt den Nudisten ans Licht. Alle anderen sind nur Nackte.