Ossenkopp, Barzelona, Liemstrieker, Kowa und Lochschwager

Was hast du denn für einen Ossenkopp, sagte die Mutter und meinte den roten Schädel, den sich Fred beim Fußballspielen angekämpft hatte, weil er natürlich wie Stan Libuda den Ball verteidigen wollte.
An Gott kommt niemand vorbei, nur Stan Libuda, dachte Fred und dachte weiter: Scheiß-Ossenkopp. Wer läuft, kommt ins Schwitzen und bekommt einen roten Kopf, den sich die Generation Weltkrieg ja verkniffen hatte und über alles aus der Vergangenheit schwieg.
Dem Vater hätte man das nicht sagen dürfen. Der Ossenkopp, oder auf hochdeutsch Ochsenkopf wurde von oben nach unten verliehen, der Vater hätte sich Gedanken gemacht über seine Einordung in das Fortpflanzungsmodell der 50er Jahre. Osse, Ochse, verdammt, das durfte keiner sagen. Der Sohn war doch da. Er war kein Ochse. Er war ein Stier. Ok, vielleicht nicht Stier und Bulle auch nicht, dann wäre er ja Polizist. Er wann ein Mann. Also. Ein Mann mit Sohn.


Vom Ochsen zum Barzelona, dem lose verbandelten und für eine Heirat nicht zu vermittelnden Draufgänger, der dem Vorurteil ausgeliefert ist, der Südländer sei heißblütig, aber eher unstet, und er, der Barzelona, gehöre dazu.
Barzelona wurde irgendwie gefühlt in Spanien verortet, was keine solide Herkunft attestierte. Der Gastarbeiter kam aus dem Ausland damals und sah auch wie einer aus. Im Prinzip unterstellte man eine negativ unverklemmte Einstellung zur Körperlichkeit und zielführende Maßnahmen, um eine Frau in die Horizontale zu bekommen und  sich an ihr an ihr lustvoll abzuarbeiten. Ohne Verpflichtung. Das Etikett konnte auch einem Dorfbewohner zugeteilt werden, wenn er denn die vorgenannten Eigenschaften besaß. Trotz einer bodenständigen Herkunft wählte man das Fremdländische als Bzeichnung, weil man das eigene Nest nicht beschmutzen wollte.

Der Kowa war der vorübergehende Gefährte, dem man nicht unbedingt lautere Absichten zumutete, etwa sein überwiegend sexuell motiviertes Tun durch eine Heirat oder wenigstens eine Verlobung  gesellschaftlich anerkennen zu lassen; der Kowa war eher Liemstrieker, der sich nicht durch unentgeltliche Arbeit in Garten und an Haus und Hof hervortat, sondern seine Tätigkeit auf das Körperliche konzentrierte, um die umworbene Dame wohlgesonnen zu machen und gemeinsame schöne Stunden zu verbringen.
Möglich, dass man beim Begriff Kowa, der immer leicht abfällig gebraucht wurde, an den Schauspieler und Frauenbeglücker Victor de Kowa dachte, dem man ja sein Tun auch neidete, weil man den eigenen Mann sicher im Hühnerstall bei der Reparatur der Hühnerleiter oder anderer zeitintensiver Tätigkeiten wusste. Jener eigene Mann war dann meistens zu müde, um sich mit romantischem Gesäusel und Geplänkel abzugeben, was später als Vorspiel in die Zeitungen und Köpfe vor allem der Frauen gelangte.

Der Lochschwager war meistens jünger als der Kowa und ein  unerfahrener Liebhaber, der seine Erfahrungen bei reiferen Damen zu sammeln genötigt war, um den Ruf der unbefleckten jungen Frauen, die später auch für ihn selbst als Ehefrau in Frage kommen sollten, nicht zu verderben.
Zwei Übende, die sich von der selben Frau in die Liebestätigkeiten hatten einweisen lassen, nannte man Lochschwager, was einer Verbundenheit wie durch eine Blutsbrüderschaft sehr nahe kam. Die Frauen, die solche Verbundenheit ermöglichten, taten dies in der Regel bereitwillig und hatten eine ihnen angenehme Freizeitgestaltung.