Hunde und Windelsäcke

Liebes Tagebuch!
Heute morgen bin ich mit dem Auto unterwegs gewesen und an einer recht belebten Straße sehe ich einen mittelgroßen, braunen Hund und sein Herrchen, das diesen an der Leine herumführt, bzw. versucht, sich von seinem Hund nicht herumführen oder -zerren zu lassen.
Zwischen den beiden, die wohl zu einer Runde Gassigehen aufgebrochen sind und die dem Hund die Möglichkeit zur Blasen- und Darmentleerung geben soll und dem Herrchen wohl als Bewegungsprogramm zur Erhaltung der Lebensqualität dient, gemäß dem Motto "Gegen Morbidität und Mortalität", liegt ein rosafarbener Sack, in dem sich normalerweise, wie auch an diesem Vormittag, Kinderwindeln befinden, den die Müllabfuhr mit einem Sonderkommando später zusammen mit allen anderen rosa Säcken am Wegesrand beseitigen wird.
Der Hund nun springt und hüpft förmlich um den Sack herum, wedelt mit dem Schwanz und versucht, die Nase in das Plastikzeug zu stecken, vielleicht weil der den Geruch von Bübchen Kinderhinterncreme und den plattgewalzten oder -gesessenen Verdauungsergebnissen liebt, vielleicht aber auch in den Hinterlassenschaften seinen geliebten oder verhassten Spielkameraden wiederkennt, der nicht einmal ein Spiel richtig beherrscht, sondern ihm ständig in die feuchte Nase greift, weil er das lustig findet.
Scheiße, denke ich, was ist mit Deutschlands Hunden los? Und mir fällt sofort dieser altbekannte Filmtitel "Hunde wollt ihr ewig bellen?"ein, der so oder so ähnlich lautete, denn der Hund hüpft nicht nur, sondern bellt auch noch. Der Hund ist aus dem Häuschen, im übertragenen Sinn, realiter sowieso, denn er wird ja Gassi gegangen.
Was mag ein Tier an Kinderkacke finden?
Da ich mit etwa 60 Stundenkilometern unterwegs bin, liegt die Szene schnell hinter mir. Als ich zu Hause ankomme, rufe ich über die Tagesschau-App die neusten Meldungen auf und ich werde informiert, dass Björn Höcke per Gerichtsentscheid "Faschist" genannt werden darf. Mich wundert kurz, dass solche ein Frage überhaupt im Raum gestanden hat. Jemand, der sich faschistische  Ziele zueigen gemacht hat, wird wohl Faschist genannt werden dürfen, genau wie jemand, der demokratische Ziele hat, Demokrat genannt werden kann, ohne dass er sich gleich beleidigt fühlt.
Beim Wort Faschist muss ich unwillkürlich an die Kinderkacke in den rosa Beuteln denken, vor der ein mittelgroßer, brauner, deutscher Hund aus dem Häuschen ist und sein Herrchen ihn nicht korrigierend an die Leine nimmt. Wie lange willst du bellen, Hund?, variiere ich den Filmtitel und erkenne, dass alles zusammenhängt: braun, deutsch, Kinderkacke, Faschist, bellen, nicht korrigiert werden, Höcke, Sonderkommando der Müllabfuhr. Nur das Rosa passt nicht in die Reihe.
Der Hund ist ein Herrentier, denn er hat ein Herrchen. Das Herrchen ist umweltbewusst und benutzt einen schwarzen Kotbeutel, um die Hinterlassenschaft des Hundes, der durch die Aufregung, die der rosa Sack verursacht hat, forciert verdaut. Schwarz ist die Farbe der Faschisten. Schwarz ist keine Farbe. Schwarz gibt es nicht in der Natur, wie unser Kunstlehrer immer zu sagen geruhte. Geglaubt habe ich ihm das damals schon nicht.
Ich entscheide, mich noch einmal aufs Ohr zu legen und das Erlebte ganz kurz zu überschlafen.
Melde mich morgen wieder!
Bis dahin,
dein Tonne