Staatlich geförderte Einsamkeit

Zwei kalte Sitzschalen aus Metall, auf zwei Meter Abstand an einen Querholm geschraubt, ohne Rückenlehne, ohne Armlehne: Das mag man für Kunst halten. "Das ist doch keine Kunst!", schreit Pit und hat vielleicht Recht. Aber, wie bereits Filzhutträger Beuys wusste: Jeder kann ein Künstler sein, und wenn man mal eben ein paar Rückenlehnen abbricht und drei Sitze im Zwischenraum demontiert, dann ist das Sachbeschädigung oder Kunst, je nach dem, wer das Ganze betrachtet, oder wer sich darüber aufregt und Anzeige erstattet. Wahrscheinlich wird man es von behördlicher Seite gerne als Kunst nehmen wollen, denn dann müsste der Schaden nicht repariert werden, sondern sollte die Leute zum Nachdenken motivieren. Der Staat spart Geld, und das Volk, das müden Fußes vorbeitrottet, ärgert sich über fehlende Ruhesitze und denkt nach, warum das so ist, oder, was es zu bedeuten hat, wenn zwei Metallschalen, auf denen vielleicht schon Leute sitzen, so weit auseinanderstehen?
Was mag die Installation ausdrücken? Das liegt doch auf der Hand, wodurch die Behauptung, es handele sich um Kunst, in Frage gestellt wird. Was soll Kunst, wenn sie jeder sofort versteht? Trotzdem: Die Vereinsamung des Menschen wird dargestellt. Da sitzt möglicherweise noch nicht mal jemand, und wenn schon nicht, dann sogar zwei Meter von einem möglichen Sitzpartner entfernt! Das ist doch verschroben! Leute ohne Rückgrad können hier sitzen, denn die Rückenlehnen fehlen, die sie nicht brauchen, weil sie als Klumpen Mensch zusammengekauert der Zukunft harren. Bitterböse, aber durchschaubar. Das ist keine Kunst. Das ist einfacher Sachschaden. Das muss man reparieren. Der Staat will Geld sparen und fördert indirekt die Vereinsamung der Menschen, fördert die Einsamkeit, die verhindert in die Rebellion zu gehen, in die Solidarität, ja sogar verhindert, in die Mitmenschlichkeit zu gehen, weil er die Sache beschädigt lässt. Ach, wenn es doch wie früher sein könnte, als jeder sagen durfte: Der Staat bin ich! Dann wäre einiges anders.