Wolf Wunderschreck - Auge um Auge (2014)


Ich hatte dich im Auge gehabt,
dann riskierte ich eins
und warf es auf dich.

Du warfst zurück.
Deins war aus Glas.

Zeitumstellung

Tagesspruch zur Zeitumstellung:
Ich stehe immer zur gleichen Zeit auf,
egal wie spät es ist.

Heute vor 5 Jahren in Bodos Welt: Fotofreunde aufgepasst!


Mit wenig Aufwand, einem dicken Filzstift in Blau etwa, kann man ein relativ unschönes Foto in eine gelungene Präsentation mit individuellem Charakter verwandeln. Dabei kann man sich immer an der Natur orientieren, denn die macht eigentlich nichts falsch, ihre Formen sind ausgewogen und wer Schwiergkeiten hat, frei zu zeichnen, sollte einfach versuchen, die natürlichen Konturen nachzuziehen. Eine ruhig Hand empfiehlt sich zwar, wenn es aber etwas wackeliger wird, ist das auch nicht schlimm, solange man mit dem Bild kein Geld verdienen will. Es lassen sich schöne Geburtstagskarten kreieren, oder sogar Geburtstagvergessenkarten, wenn man wieder mal Onkel Theos Wiegenfest verdrängt hat. Eine verschlüsselte Botschaft eintragen
(HSV= HabedeinengeburtstagSchonwiederVergessen) und die Welt ist für Onkel Theo und den Kartengestalter wieder in Ordnung. Wer kann da schon nachtragend sein?
Endlich hat jeder darüberhinaus Gelegenheit, seine widerlichen Papierbilder, die nicht ins Fotoalbum gehören, aufzupeppen, sodass sie auch den lieben Nachbarn präsentiert werden können, die schon seit Jahren fragen, wo die ekligen Aufnahmen vom Sylturlaub oder aus dem Hofbräuhaus geblieben seien. Filzstifte gibt es in jedem Schreibwarengeschäft.

Ex-Bischof Teewurst von Elst bei Tönnies

Ex-Bischof und Geldverschleuderer Teewurst von Elst fängt, nachdem er beim Papst in Ungnade gefallen ist, bei Tönnies an, denn er habe, so der Fleischflachverwerter, ja mit Geld umgehen können und der Name sei irgendwie auch Programm. Wem die Gläubigen wurscht sind, dem können es auch die Gläubiger sein; wenn jemandem etwa wurscht ist, dann prädestiniere es ihn für das Wurstgewerbe.
Ob Teewurst von Elst auch Schalke-Fan ist, ist nicht bekannt. Kann ja noch werden.

Spruch der Woche: Zeitumstellung

Wenn die Zeit läuft,
lauf nicht mit!

Ernst Bärlauch: Betende Hände

Ernst Bärlauch: Betende Hände (2014)
Na, das kennt man doch von Dürer. Erst einen Osterhasen zeichnen und dann betende Hände; allerdings beides in der katholischen Form, denn der Protestant war damals noch nicht recht anerkannt. Wahrscheinlich, weil das Geld knapp war, denn Osterhasen und betende Hände kamen zu jener Zeit immer gut an und irgendwie reimt sich betende ja auch auf Hände.
Jetzt taucht ein gewisser Ernst Bärlauch auf, der wohl mit dem Namen Barlach kokettiert, füllt ein paar Gummihandschuhe mit Sand und drapiert sie auf einer Resopalplatte. Betende Hände.
Jeder denkt: Das kenne ich doch irgendwie. Und wühlt in seinem Unterbewusstsein, wo ein Ernst Barlach sitzt, der mit betenden Händen nichts am Hut hat, wohl aber ein Dürer, allerdings in der katholischen Variante.
Besagter Bärlauch glaubt nun, etwas Neues auf den Markt gebracht zu haben, eine Marktlücke gefüllt zu haben, indem er die protestantische Version der gläubigen Gliedmaßen präsentiert.
Etwas zu billig, etwas zu vergänglich, denn die Objekte sind alles andere als widerstandsfähig; setzte man an entscheidenden Stellen Nägel an, um das Ganze auf der Plastikplatte zu fixieren, wäre die Kunst schon hin oder in eine unschöne Labbrigkeit verändert, die Sand unter sich gemacht hätte.
Die Kunst muss neu übermalt werden, schreit mancher, aber hier reicht ein Pott Farbe wohl nicht aus. Schade um die Gummihandschuhe; und wie schön hätte ein kleines Kind mit dem Sand spielen können!

Redewendung der Woche: Klugschatz...

Du alter Klugschatz, sei nicht so blöse!

Gedichte mit falschen Umlauten drin: Pimpernelle

Georg Krakl: Pimpernelle (2014)

Pimpernelle
immer auf die Schnelle!
Denn auch dem Gewürz
ist das Leben kürz.

Günter Krass: Der Blechbommel

Mein Großvater hatte einen Blechbommel, der eines Tages beschlossen hatte nicht mehr zu wachsen.
Da ich ein neugieriger Enkel war, wollte ich wissen, was sich hinter dem Geheimnis des Blechbommels, der nicht mehr wachsen wollte, verbarg.
Wachsen denn Blechbommel überhaupt?, fragte ich meinen Großvater vollkommen unvorbereitet, und tat damit so, als sei der Blechbommel immer schon fester Bestandteil der Familiengeschichte gewesen, über den offen geredet wurde. In Wirklichkeit aber redete niemand über den Blechbommel. Bis zum Tag, als jener beschlossen hatte, nicht mehr zu wachsen.
Wachsen denn Blechbommel überhaupt?, fragte ich meinen Großvater, der einen Hut aus Metall in Händen hielt, auf dem oben eine rundliches Gefranse saß, das wohl seinerseits metallen zu sein schien.
Gute Frage, antwortete der Großvater nach einer geraumen Zeit, so, als habe er reichlich von dieser, was aber angesichts seines fortgeschrittenen Alters nicht stimmen konnte, betrachtete man es einmal statistisch.
Vor allem, fuhr er fort, sieht es so aus, als habe uns der Blechbommel all die Jahre getäuscht und ist gar nicht gewachsen. Mir will scheinen, dass er noch genauso klein ist wie damals, als ihn der Kaiser an meinen Blechhut steckte. Wahrscheinlich muss mir der Kaiser so riesig, so gigantisch vorgekommen sein, dass der Blechbommel im Verhältnis zu diesem verschwindend mickrig erschien. Auch kam mir mein Blechhut immer ein paar Nummern zu groß vor, was das Kleine des Bommels noch verstärkt haben musste.
Hm, sagte ich und offenbarte eine gewisse Ratlosigkeit.
Um deine Frage zu beantworten, hub der Großvater noch einmal an und betrachtete den Blechbommel von allen Seiten, indem er seinen Blechhut in den Händen drehte, nein.
Nein. Ein klares Nein. Wie konnten wir denn überhaupt davon ausgehen, dass Blechbommel wachsen? Nein, Enkel, Blechbommel wachsen nicht. Und damit kann er auch nicht beschließen, mit dem Wachsen aufzuhören. Basta.
Und überhaupt: Blechbommel zählen zu den überflüssigen Objekten, sodass sie überhaupt nicht beschlussfähig sind.
Damit war das Thema erledigt.
Ich aber dachte, dass der Blechbommel in Wirklichkeit mit jedem Jahr geschrumpft war, denn der Rost hatte sich seiner bemächtigt und fraß wie ein unermüdliches Nagetier der Zeit an ihm. Irgendwann würde er verschwunden sein.
Das sagte ich aber dem Großvater nicht, denn es hieß ja: Es geht nicht immer nach der Reihenfolge.

Kunst vereinfachen: Au Wei - Mann mit....

Au Wei: Mann mit eingetrockneter
Bodylotion von Nivea im Gesicht
(2014)
... eingetrockneter Bodylotion von Nivea im Gesicht (2014).

Muss Kunst eigentlich immer Rätsel aufgeben? Muss sie dem Volk immer mitteilen: Ihr seid blöd. Ihr seid zu blöd. Ihr seid zu blöd, um das zu verstehen!
Nein. Kunst kann einfach sein. Kunst muss verstehbar sein. Das ist ja die Kunst:
Etwas hinschmieren.
Etwas deutlich machen.
Trotzdem Geld zu verdienen. Es muss ja nicht schön sein.

Das Volk will das Einfache. Wenn eine nackte Frau dargestellt wird, will es auch eine sehen. Und nicht ein Gerippe aus Weidenstöcken und Metalldrähten. Das kann es sich zu Hause selber basteln.

Es wird Zeit, die Kunst noch mal neu zu übermalen.


Neue Erkenntnisse aus Amerika: Zeit nicht zu öffnen

Amerikanischen Studien zufolge, ist es unmöglich, die Wochenzeitung ZEIT auf einem Gästeklo zu öffnen.
Aus der Studie können drei Handlungsstrategien abgeleitet werden:
1. Die ZEIT-Firma ändert das Format in ein kleineres.
2. Die Gästeklos werden weltweit vergrößert.
3.Die ZEIT wird nur noch in großen Räumen gelesen.
4.Den Mitteilteil ausräumen (EI) und durch A ersetzen. Rückwärts lesen. Dann hat man eine kleinere Alternative aus Berlin.

Falls jemand Hä? fragt: Die Antwort lautet TAZ.

5.Die ZEIT nicht mehr lesen.

Georg Krakl - Lose Liebe (2014)

Pawel Pikass: Indiander fühlt Schmerz (2014)
Der in Diana
fühlt keinen Schmerz.
Hat kein Herz.
Sie trägt gern Nerz.
Die Liebe lose.
Sein Hirn hängt in der Hose.




Humor im Krankenhaus

Patient:(steht auf, um den Chefarzt zu begrüßen)  Guten Tag.
Chefarzt: Guten Tag.
Patient: (setzt sich; Chefarzt und anwesende Ärztin bleiben stehen; die Zeit ist wohl knapp, da lohnt sich zu setzen nicht.)
Ärztin referiert über die Krankenakte.
Patient: (erhebt sich, will auch in die Akte gucken) -
Chefarzt: (will freundlich sein) Bleiben Sie ruhig sitzen.
Patient: (denkt: Ich will nicht von oben herab behandelt werden.)
Chefarzt: (kann Gedanken lesen) Behandelt werden Sie später.

Georg Krakl - Fleischesserlyrik (2014)



Die Wurst ist mir nicht schnuppe
Und auch die Knochen nicht in meiner Nudelsuppe
Darin schwimmt auch ein Alphabet
Es formt den Satz (Das geht!)
Wer sich an einer Suppe labt
Hat manchmal einfach Schwein gehabt.

Vielleicht auch sind
es Taube oder Huhn
die eine stumm, das and’re blind.

Weghör-Tipp: Reinhart Rein - Gutgemacht Freunde

Gutgemacht, Freunde,
es wird Zeit für euch zu gehen.
Bleibt nicht sitzen, bleibt nicht stehen.
Was ich noch zu sagen hätte,
ist nichts für so Schick-Adrette.

Lasst euch gehen, lasst euch gehen.
(Ich trink' noch ein Glas im Stehen.)

Gut gedacht, Freunde,
es wird Zeit für euch zu gehen.
Wollt noch sitzen, wollt noch stehen,
doch das lass ich nicht geschehen.
Nicht mal eine Zigarette
raucht ihr, mach ich jede Wette!

Lasst euch gehen, lasst euch gehen.
(Ich bleib stehen.)



Lyrikschule: Akrostichon LIEBE

Theodor Fontäne - Liebe (2014)

Liebe verloren
im Kampf der Geschlechter
ehe die Ehe begriff
brachen die Herzen im
Einvierteltakt

K. will Stille


Piet Schlendrian: Stille (2014)
Kann es denn nicht mal still sein?
Sonntagmorgen. Die Kaffeemaschine röchelt wie ein Patient an der Herzlungenmaschine. Die gluckernden Lungenbläschen lecken die Luft, den Sauerstoff, den Atem, um ihn ertrinken zu lassen.
Stille.
Immer Geräusch.
Wenn  K. sich die Ohren zuhält, beginnen sie zu sausen, zu rauschen, zu knacken.
Das Herz pumpt.
Das Klavier schweigt, aber es ist nicht still.
Das Leben soll still sein, soll einmal die Klappe halten.
Tod.
Nicht mal der Tod ist still.
Da die Glocken, auf die die Hämmer dreschen, um hinauszuschreien, dass ein Mensch unter die Erde gerät.
Das Kratzen der Vögel im Kies auf der spärlich bepflanzten Grabstelle.
Das Nagen der Würmer.
Das dumpfe Ächzen des Erdreichs.
Im Himmel wird musiziert. Fromme Lieder mit Harfe. Die Himmel rühmen.
Ruhe wäre schön. Es muss gar nicht Stille sein. K. wird bescheiden.
Die Kaffeemaschine hat ausgeröchelt. Die braune Brühe ist angerichtet.
K. gießt einen Becher in sich hinein.
Es pulst in den Adern, es brummt in den Händen.
Ich lebe noch, denkt K. Und das Leben ist laut.
Wer Stille will, hat keine Chance.

Die Kraft des Frühlings

Schöne Landfrauen warten auf den Frühling
Auf den Wiesen vor den Gattern stehen sie jedes Jahr wieder: Schöne Landfrauen warten auf den Frühling, halten Ausschau nach der zweiten Jahreszeit, die dem bitteren Winter folgt, warten auf das Erwachen des Lebens in dünnen Blusen und nackten Oberarmen oder in  noch spärlicheren Garderoben.
Es ist Zeit, dass der Osterhase sein buntes Ei legt und damit  die Saison der Fruchtbarkeit eröffnet.
Singende Jungmänner in straffen Arbeitshosen paradieren in gemessenem Abstand und hoffen auf den Blick einer holden Schönen, um den Bund für den Sommer oder das nächste Wochenende zu schließen.
Die Säfte steigen in Baum und Pflanze, in Gehölz und Blume; die Tierwelt will sich fröhlich kugeln und sich den Pelz kratzen lassen, weil es juckt.
Anmut vor den Gattern macht daraus ein großes Fest.
Das blaue Band des Frühlings flattert und auch die Herzen der Schönen verspüren dieses Flattern, diese unruhige Zucken, als wollten sie vor Erwartung hüpfen.
Den Jungmännern spannt der Kragen von Stolz und Winterspeck und Kraft.
Endlich wollen sie eine Liebste in Armen halten, um den Reigen der Natur zu beginnen.
Frühling.
Geh nicht in die Ferne! Er kommt zu dir.

stattauto oder STATTAUTO?


stattauto. Hallo?
Was soll das denn jetzt? Ist die deutsche Sprache denn verrückt geworden?
Dass man nach der neuen Rechtschreibung schreiben kann, wie man will, ist doch wohl eine Legende. Man kann vielfältiger schreiben. Aber man muss es nachschlagen können.
Wie schreibst duden?, ist richtig, aber auch Wie schreibst Duden?
Und schreibst heißt: Schreibt.
Das eine spricht das Gegenüber an, wenn auch nicht korrekt, sondern eher umgangssprachlich, das andere holt sich kompetente dickbüchige Hilfe.
stattauto.
Was passiert denn, wenn Schulkinder an diesem Schild vorbeigehen und dann in der Stadtteilschule sofort falsch losschreiben? Zack schlägt der Fehlerquotient, wenn auch verboten, zu und die Zensur sackt um eins in den Keller.
Es ist schlimm, Slim.
Da fällt mir Slim Sherman ein.
Der hatte kein Auto. Ob er der Rechtschreibung kundig war, ist nicht belegt.
Allerdings war er der Rechtsprechung zusammen mit seinem Freund Jesse Harper kundig, oder tat so, also ob. Und dann knallten die Revolver. Damit ersparte man sich teure Prozesse, etwa gegen den Bundeshundestrainer Wuff.
Slim besaß jedenfalls kein stattauto, sondern ein Pferd.
Und da sind wir wieder beim Thema: Vielleicht meinen die lustigen Rechtsschreibidioten auch PFERD statt AUTO? Und dann könnte Slim seinen Klepper vor dem Schild parken. Denn  Wilma, so heißt der Gaul, ist ein stattauto. Von wegen statt auto mit pferd, oder wie?

Lyrikschule: Lipogramme im Alltag

Georg Krakl - Lipogramm 413

Wurm kurz
Turm krumm
Mund stumm
Kuh dumm
Hund bunt

Furz!

Zug um Zug
Lug und Trug

Schund

Kann Totsein schön sein?


Georg Krakl: Vom Sterben (2014)

Der eine hat’s am Kopf, der andere im Hirn.
Dem Dritten steht es vor der Stirn.
Der Vierten klebt es fest am Zopf.

Der Fünfte ist vielleicht gesund,
der Hund.
Und tut vielleicht auch nur als ob.
Er nimmt das Leben im Galopp.

Ob Wahnsinn, Pumpe oder Galle,
zum Sterben sind wir alle.

Vielleicht der mit Galopp
Tut dann sogar als ob.

Im Himmel treffen wir uns wieder
Und singen fromme Lieder.

Wir sehen dort am Horizont, wo Zedern und Gebüsch die Gegend zieren,
den Fünften galoppieren.
Er schreit sein Hopp! Hopp! Hopp!
Mag sein, er tut auch nur als ob.


Wir andern waren einmal krank
Und flüstern: Gottseidank!

Wendi Wimmers: Am Rad der Zeit

Gusti kannte die Metapher: Am Rad der Zeit drehen.
Kann man nicht, dachte sie spröde. Ist total daneben, total völlig sinnentleert.
Seit 30 Minuten stand sie vor der Kirche an der Linde und wartete auf ihr Blind Date.
Seit seit wann kommen denn Männer zu spät?, fragte sich Gusti und nestelte wütend am dritten Knopf von oben an ihrer Feindcordjacke.
Wütend nesteln....Gusti wusste, dass diese Metapher irgendwie hinkte, und das nahm sie der Autorin dieser Geschichte übel.
Sie musste hier warten und auch noch wütend nesteln!
Wüten. Sie könnte jetzt wüten. Aber das weiß so eine Schreiberline nicht. Wie Frauen fühlen, wenn man sie warten lässt.
Blind Date. Das war auch so was: Mauerblümchen, die keinen abgekriegt hatten, warteten auf Blind Dates.
Am Rad drehen. Das traf. Das hatte mit Zeit nichts zu tun. Da ging es darum, mal rauszulassen, sich mal auszukotzen, mit aller Macht, mal schreien, mal noch mehr schreien.
Dann sah Gusti den Hinkenden.
Er bog unbeholfen um die Ecke auf den Kirchplatz.
Er hatte einen langen, weißen Stock in der Hand.
Gusti erstarrte.
Gusti knirschte mit den Zähnen.
Richtig. Ein gelbe Binde am Arm.
Das Blind Date war da. Oder besser: Kam näher.
Gusti drehte am Knopf.
Gustis Finger lösten sich vom dritten Knopf von oben.
Am Rad drehen. Das Rad der Zeit zurückdrehen.
Zurück in die Zuknöpf! (Was schrieb die Tussi jetzt wieder?)
Zurück zum Mauerblümchen.
Manchmal ist es besser, wenn keiner kommt.
Metaphern sollte man nicht strapazieren.
Gusti schlich auf ihren Pumps Richtung Westflügel der Betanstalt.. Hinter sich das leise Kratzen eines weißen Stockes auf Kopfsteinpflaster.
Rad der Zeit dreht unermüdlich.

Schwere Sprache

Wir wollen mal gucken, wie sich das anfühlt, sagt Bruno, und Eppo wundert sich.
Kucken, wie es sich anfühlt.
Woran soll man denn erkennen, also sehen, wie sich das anfühlt?
Das kann man doch nur fühlen. Vielleicht begreifen; begrapschen eher nicht.
Man sagt doch auch: Mal kucken, wie sich das anhört.
Neenee, grunzt Eppo.Mal hören, wie sich das anhört.
Klingt aber nicht gut, so als hat man nicht genug Wörter zum Sprechen.
Bruno bleibt dabei. Und überhaupt: Kucken schreibt man mit g.
Damit ist mal wieder jede weitere Diskussion beendet.
Kucken gibt es überhaupt nicht.
Und gucken klingt seltsam.
Anfühlen. Das  geht.

Wunsch der Woche

Couching statt Coaching.

Tonnes Tagebuch: Du entscheidest

Liebes Tagebuch!
Ich habe mir da heute einen Coach angehört, das ist ein Mittelding zwischen Psychiater und Personal Fitnesstrainer, zwischen Pastor, Guru und Zeitungswerber aus der Drückerkolonne, der uns darüber informiert hat, dass wir selbst es sind, die entscheiden, ob wir Glück empfinden.
Also, deutlich gesagt, wenn du den ganzen Tag irgendeinen Schwachsinn machen musst, dann liegt es an dir, ob du das für Schwachsinn hältst, oder ob du einen Sinn darin entdeckst, ob du vielleicht Glück dabei empfindest.
Wer doofe Listen ausfüllen muss, kann sich ja immer vorstellen, dass er als Zwerg im Bergwerk Edelsteine aus den Wänden hacken muss. Die Edelsteine darf er natürlich nicht behalten. Die Luft ist schlecht, die Temperatur ist hoch. Da bekommt die LIste doch einen Sinn, da bin ich glücklich, dass ich nicht schwitze, höchstens an den Händen, an denen dann auch die LIste kleben bleibt, aber egal,das ist besser, als ein schlecht bezahlter Zwerg zu sein.
Da kann ich dann lächeln und streue meine gute Stimmung im Raum aus und verändere das System, weil andere merken, dass ich gute Laune habe, und die bekommen auch gute Laune, und alle arbeiten fröhlicher und fühlen sich gut, wenn sie Listen ausfüllen, die sie vorher für schwachsinnig gehalten haben. Du musst dich ändern, sagt der Coach. Sag nicht immer, dass der und der und die sich ändern sollen, du musst es tun. Dann hast du Macht, dann änderst du das System.
Das Problem ist allerdings, dass die Listen sich nicht ändern. Die verstehen die Weisheit vom Coach überhaupt nicht. Die sind einfach doof. Deswegen halten wir alle sie ja für schwachsinnig.
Ich weiß nicht mehr weiter. Was soll ich denn tun? Mich als Zwerg bewerben zum Edelsteinehacken? Ich bin 1 Meter und 87.

Geburtstagslieder ohne Sinn: Korrektur

Wie schön, dass du geboren bist,
wir hätten dich sonst nicht vermisst.

Alle andereb Versionen werden hiermit ungültig.

Georg Krakl: Mein Kaffeefilter (2014)

Roy Lichtenschein: Kaffeefilter (2014)













quillt der
kaffee durch den kaffeefilter
gilt er
meist als wohl verdaulich
macht den kaffeetrinker schnell beschaulich
und die welt scheint kugelrund
kaffee durch den filter ist gesund

Weisheit des Alltags: Brötchen

Die Brötchen kauft man besser vor dem Frühstück.

Ästhetik des Abfalls: Bio-Müll als Motiv

Vincent van Eijnoor: Biomüll auf Spüle (2014)
In unserer Wegwerfgesellschaft sind wir auf schnellen Genuss, schnellen Verzehr, schnelle Verdauung und schnelles Entsorgen ausgerichtet.
Wir sollten uns vielleicht einmal an einem Sonntagmorgen die Zeit nehmen, das, was wir gewöhnlich achtlos in die Tonne hauen, zu betrachten, darüber zu kontemplieren und zu erkennen, dass auch das scheinbar Wertlose eine eigene Schönheit entwickeln kann, wenn wir es andächtig betrachten.
Jeder hat gern eine saubere Spüle. Das ist anerzogen, da gab es immer was auf die Finger, wenn Wasserflecken oder Schlimmeres auf dem Nirosta sichtbar waren.
Dass aber auch die belegte oder die belebte Spüle ihren Reiz haben kann, sollten wir zulassen. Unsere Wahrnehmung könnte sich verändern, und damit könnten sich auch falsche Erziehungsideale verändern, die immer noch in unserem Inneren wühlen, um auch dort eine alte und wahrscheinlich überkommene Ordnung zu schaffen.
Ein Bild kann eine Brücke sein, die Gegensätze zu vereinen, oder was es sonst zu vereinen gibt. Nicht umsonst heißt der Verein nämlich Verein, denn er vereint ja Menschen, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben wollen.
Da gilt es den Transfer zu leisten in den eigenen Haushalt, den praktischen wie den psychischen.

Georg Krakl: Gurke (2014)

Welch' Schurke
schnitt von meiner Gurke
denn ein Stücklein ab? Und tat nicht fragen?
Wer kann dem Gurkenkönig das wohl sagen?

Keiner.
Nicht mal einer.
Nicht ein kleiner.
Ach, Geheimnisschreiner.
Sprecht!
Bevor ihr euch die Zunge brecht.

In euch hab ich ein Grundvertrauen.
Das Schwiegen tut's versauen.
Ich warte.
Setzt nicht das Glück auf eine Karte!

Bis dahin leset dies Edikt,
ich hab's als Email schon verschickt:
Die Finger weg, ihr Schurken,
von königlichen Gurken!



Goldkisten im Lebensmittelbereich

Mehr Schein als Sein!, mag das Motto lauten.
Das Marmeladenbrötchen herkömmlicher und auch bekömmlicher Art hat es schwer in heutiger Zeit.
Dahergelegte Goldkästchen vom Vortag, die vielleicht eine Überdosis Zucker beinhalteten, laufen dem handgeschmierten Halben den Rang ab, schnöde Optik betört den Konsumenten, der greift natürlich zum Materiellen, zum Goldkettchen  in der Frühstückskette, und lässt das treue Marmeladenbrötchen rechts oder links, je nach Platzierung, liegen.
Da muss ein Aufschrei durch das Volk gehen, das Vollkorn normalerweise ablehnt und dem auf Weißmehl basierenden Brötchen huldigt.
Tut es aber nicht.
Keiner will mehr vom Vortag.
Keiner will mehr ganze Sätze, die auch noch ein Verb anbieten.
Und da hat das Goldkästchen einen echten Vorteil: Es ist erverbslos und sieht nur gut aus. Scheiße! Hier haben wir mal wieder einen richtigen Analogieschluss: Wie dahinten, so da vorne! Wie ohne, so mit! Wie gestern, so heute und morgen gleich mit!

Genugtuung für Christian Wuff

Na, da war der Ex-Bundespräsident Wuff aber heilfroh: Endlich wieder sauber!
Nix mit Bestechung oder Vorteilnahme im Amt! 700€! Hahaha, darum ging es dann noch, und das sind doch wohl Erdnüsse im Gegensatz zu seinem Ehrensold inklusive Sekretärin und Dienstwagen, mit dem die Schreibkraft wohl zur Arbeit fährt, denn der Freigesprochene fährt ja eigentlich keiner geregelten Arbeit nach.
Es geht um die Ehre, und da ist man schon pikiert, wenn die Weste leicht bekleckert ist, weil die Presse mit Druckmitteln um sich spritzt. Der Ehrensold soll ja auch für die Rettung der Ehre herhalten, oder eine Entschädigung darstellen, wenn ein Präsident sich gekränkt fühlt.
Die Fan-Gemeinde jubelt und spaziert fröhlich in bunter Kleidung zum Büro des Rehabilitierten um ein symbolisches Schaschlik-Spieß zu überreichen. Prinz Pommes und seine Königinmutter B.Schranke freuen sich auf jeden Fall, um dann festzustellen, dass sie eigentlich Guido Westerwelle hatten besuchen wollen, um ihm das alljährliche "Es geht um die Wurst!" zuzurufen.
Die beiden sähen sich aber auch was zum Verwechseln ähnlich, früher habe man den Wuff immer an der Partnerin erkannt, die sei aber jetzt weg, da könne man schon mal ins Trudeln geraten, vor allem, wenn ein bis zwei Kümmerlinge im Spiel gewesen seien.
Sei's drum!, ist die frohe Botschaft, Hauptsache Spaß gemacht!
Die Frage, was Wuff jetzt mit dem Freispruch anfangen wolle, blieb  bislang unbeantwortet. Es stimmt schon, was Verurteilte sagen: Bei einem Schuldspruch weiß man wenigstens, was man hinterher tun soll.
Wir drücken die Daumen und gucken einmal die Woche kein Fernsehen, um den Ehrensold zu finanzieren. Das Volk ist eben wie es ist: Doof.