Am Anfang war das Dorf

1
Am Anfang war das Dorf.
Das Dorf ist mehr als die Summe seiner Einwohner.
Das Dorf lebt. Es denkt. Es denkt nach und denkt aus.
Das Dorf weiß alles, und was es nicht weiß, das folgert es, das leitete es ab, das denkt es sich aus. Das Dorf weiß alles.
Im Dorf leben Zugereiste und Angeheiratete. Sie werden geduldet und beäugt.
Heimat ist das Dorf den dort Geborenen.
Eingeborene sagt man nicht, das klingt nach Afrika und Kral und Schwarz und Hottentotten.
Die Dorfbewohner sind die eingeborenen Söhne und Töchter.
Dann gibt es die, die einfach da sind und nicht weggehen, aber nicht dazugehören.
Weil sie anders sind, auch wenn sie genau so sehen wie die Dorfbewohner.
Aber sie sind anders; genauso wie die Zugereisten und die Angeheirateten.
Das Dorf hat Regeln.
Samstags wird der Hof gefegt und sonntags ist Ruhe.
Wer feiern kann, kann auch arbeiten.
Was sollen die Leute denken? Das ist die Maßfrage, an der das Tun und das Sein gemessen werden.

2
Die Haare gehen bis zum Kragen, stehen nicht auf den Ohren und hängen nicht im Gesicht.
Damenbinden sind in Zeitungspapier eingedreht und werden nur von errötenden Frauen gekauft. Männer lassen die Finger davon.
Zu einem Bier gehörte auch ein Korn.
In den Beeten kein Unkraut. Das Kind adrett. Freundlich. Höflich. Es redet, wenn es gefragt wird, oder das Handtuch wackelt. Das Handtuch wackelt nie.
Kein Geschlechtsverkehr vor der Ehe. Und wenn, dann nur die Männer.
Arbeiter wählen SPD, Emporkömmlinge, Bauern und Neureiche CDU. Wer nicht weiß, wohin er gehört, wählt FDP. Mehr gibt es nicht.
Die Männer haben Bäuche, die Frauen große Busen und kräftige Oberarme. Man ist nicht dick. Wohlgenährt und vollschlank.
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt. 
Über allem wacht das Dorf. Über allem denkt das Dorf. Es weiß immer, was richtig ist. Was wichtig ist.
Was es nicht weiß, denkt es sich aus. Das Dorf ruht. Das Dorf ist sicher.
Alles soll bleiben. Wie es ist.

3
Dann kommt es anders.

Thronald Dump - Weiß

Wie gut, dass jeder weiß,
dass ich auf die Umwelt scheiß'.

Thronald Dump - Die Hagebutte

Die kaputte
Hagebutte
juckt mich nicht.

Georg Krakl - Mittelloser Metallurg

Nicht jener mittellose Metallurg,
nein, der Chirurg,
hat Einsicht in das Du.
Ein schneller Schnitt, im Nu
liegt alles offen,
und ein jeder,
der so aufgeschnitten,
kann nur hoffen,
dass er zäh wie Leder
ist, den Blick ins Du,
der an den Eingeweiden langgeglitten,
überlebt.
Was auch die Stimmung des Chirurgen hebt.
Ein wenig hier und dort geschnitzt,
und kucken, dass die Leber wieder richtig sitzt
und auch der Magen,
sonst würde es dem Aufgeschlitzten auf denselben schlagen.
Dann hurtig zugetackert.
Schluss für heute,
weil genug geackert.
Morgen kommen neue Leute
auf den Tisch.
Schwester Doris, bitte wisch
die Reste weg,
der beste Dreck
hat hier im Saale nichts zu suchen.
Ich hatte heut' ein schönes Stück vom leckeren Gesundheitskuchen.
Vor Neid erblasst der Metallurg:
Er wäre gerne auch Chirurg.




Neulich im Treukauf: Katzenbon

Katzenbon?, fragt die Kassiererin hinter dem Warentransportband und ich stutze einen Moment. Katzenbon? Was kann sie meinen? Sieht mit die Dame an, dass ich mit einigen Nachbarkatzen im  Hader bin, weil diese zum Verrichten der Notdurft in meinen Garten gehen und den des Nachbarn, der Eigentümer der Tiere ist, meiden? Dass ich deshalb Katzen hasse und weil sie ihr eigentliches Nahrungsmittel, Mäuse nämlich, eher zum Spielen benutzen, sie anfressen, laufen lassen, durchlutschen, laufen lassen, anfressen, laufen lassen, und schließlich dem, der auf sie stolz sein soll, vor die Tür auf die Matte legen? Dass sie Vögeln ein Bein brechen und am Rasenrand liegen oder humpeln lassen, damit diese frisch bleiben, falls die Katzenmahlzeit aus der Dose ausbleibt.
Schmusekatzen. Katzen haben keinen Kühlschrank. Katzen haben sieben Leben, als ob nicht eins reicht. Wenn überhaupt. Katzen fehlt der Respekt. Denen geht es zu gut und sie kümmern sich einen Scheißdreck um das Tierwohl, wenn es nicht das eigene ist. Bevor ist jetzt eine Brücke schlage in die Welt der Hochfinanz und Politik, fällt mir ein, dass ich die Frage der Kassiererin nicht beantwortet habe: Katzenbon? Was soll das sein?
Zehn Einkäufe über 20 Euro und dann eine Katze gratis oder 19,90 € Zuzahlung?
Katzenbon?, wiederholt die Kassiererin und ich sage lieber: Nein, das ist nichts für mich.
Vielleicht meinte sie auch Kassenbon, denke ich später. Ab Januar gilt, dass jeder Einkauf mit der Aushändigung eines Kassenbons dokumentiert wird. Jaja, deutsche Bürokratie, soll aber gut fürs Finanzamt sein, erinnere ich mich vage. Ich manchen Ländern wird man bestraft, wenn man den Bon nicht annimmt. Gut, dass ich in Deutschland lebe, denke ich, auch wenn das Land voller kackender Katzen ist, für die ich keinen Bon möchte. Die sind doch alle nicht ganz bong, flüstert mein Hirn, und ich weiß gar nicht genau, wen es meint. Besser hinhören hilft. Oder deutlicher sprechen. Die Katze kann ja nichts dafür.

Vassily Kannixky - Die Anzüglichkeit des Ausgezogenen (2020)

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Vassily Kannixky - Die Macht des Mittelmaßes (2020)

Vassily Kannixky - Die Macht des Mittelmaßes (2020)

Traum von Politik - Was ist los im Heimatland? (2020)

Traum von Politik (2020) Was ist los im Heimatland?
Heimat hat offene Arme. Heimatminster*innen entwickeln und entwickeln. Es geht so ein Gefühl um in Deutschland.  Integration statt Migration. Ministerium für Rückkehrpolitik. Flüchtlinge heißen jetzt Fliehkräfte, das zeigt ihr Potenzial. Es muss nicht immer Deutschland sein. Fachkräfte statt Flachkräfte. Wann wird Andi B. Scheuer ausgetauscht? Kippt mit seinen Roller um, weil er für einen Elektromotor noch nicht reif ist und das vergessen hat. Maut hält er für ein Geräusch, das Katzen machen. Die Geldkatze müssen Bürger öffnen, um die Schulden des Scheuerlings zu begleichen. Dem Volk eine gescheuert. 500 Seiten und 87 Milliarden für die Bahn. Hat der das gelesen? Weiß er wieviel Nullen die Zahl hat?
Der Katze ist nicht wohl. 
Den Masttieren, die Kotelett und Schnitzel heißen, ist auch nicht gut. Ernährungsdienerin Klöckner von Notre Darm, die Ex-Heulsusen - bzw. Ex-Weinkönigin, nimmt sich jammernder Speisewesen an und klebt ihnen ein Label vors Maul. Wohlfühlen! Klappe zu, Tier tot. Ab auf den Tisch. Hähnchen haben Brüste. NRW hat jetzt die Schwarze Null: Christina Föcking Schulze, die Schwierigkeiten hat, den familiären Fernseher zu bedienen und Hacker für eine Art Metzger hält mit dem Schwerpunkt Mett. Wie weit noch bis Christel Mett? Jetzt ist sie für den Kinderschutz zuständig. Aufatmen bei den Teenagern. Mein Gott, gut dass ich kein Kind mehr bin.

Die Steigerung von Sodbrennen ist Söderbrennen. Braunkappenröhrling wird vom Landesverfassungsgericht MäckPomm als Schimpfwort eingestuft, wenn es gegen Politiker benutzt wird. Die Bedeutung und die Anwendung des Wortes Farbnegativs soll vom Duden geprüft werden. Ursula von der Leyen vermisst ihre Buddies aus dem Kriegsministerium oder wie das damls hieß.Verlierer Manfred Weber CSU schenkt ihr zur Machtergreifung in der EU eine Flasche Buddy-Lotion. Annette von Drohne-Patronenhülshoff, kurz AKK 62, bezeichnet ihr Verhältnis zu Markus Söder als Achse. Alles Achse. Läuft bei dir. Achsenschweiß. Zwei gegen Mutti, die ausdienen wird. Mutti übt die Raute, die Abschiedsraute. Eine Zitterpartie. Im Saal lauern die Erben. Mutti, in sich ruhend und schauend. Wenn Mutti auf dem Kreuzfahrtschiff Deutschland von der Reling stürzt, heißt das nicht: Wende! Die Wende war ja schon gewesen.
Im Wasser formt sie weiter die Raute. Niemand erwartet Schwimmbewegungen. Rettungsring? Hat sie doch unter der Kostümjacke, röhrt der Braunkappenröhrling. Alle sind dankbar, dass sie die Weiterfahrt nicht behindert. Vielleicht ist sie aber auch nur auf ein Zwischendeck gefallen. Peter Altmaier stürzt von der Bühne, er ist gepolstert und kommt ganz gut am Boden an. „Ich bin schwarz und grün im Gesicht, als hätte mich Muhammad Ali verprügelt“, scherzt er. Muhammad Ali ist lange tot. Das Landesverfassungsgericht in Mäckpomm prüft selbstbeauftragt, ob Muhammad Ali ein Neger war oder ein Afroamerikaner, und ob der Tatbestand der Selbstbeleidigung bei Minister Altmaier gegeben sei. Der Maas aller Deutschen Heiko antwortet ungefragt, das Landesverfassungsgericht soll sich einer der drei Kliniken für Forensische Psychiatrie angliedern. Minister Spahn, Erfinder der Spahnzange für die Zahnspange zur Selbstreparatur, will nicht, dass die Deutschen ohne Qualen sterben können. Pentobarbitural gibt es nicht, basta, weiterquälen. 102 Anträge ohne Prüfung abgelehnt. Selbstbestimmung? Drauf geschisssen. Die neu entwickelte Spahnplatte trägt der Jens zu Werbezwecken vor dem Kopf. 
Wo ist Merz? Wo sind die Merzspezialdragees zur Rettung von Deutschland? Reicht die Rente nicht? Kauf Aktien. Egal wovon. Merz rockt den Blackrock. Blackrock ist kein Kleidungsstück. Schwarzgeld ist nicht rassistisch. Steuerflüchtlinge bleiben im Land, nur das Geld nicht. Diebstahl? Steuerflüchtlinge mit deutschem Migrationshintergrund brauchen kein Asyl. Die Gefängnisse sind schon voll.
Die Frage bleibt:Wer soll eigentlich integriert (intrigiert) werden, wenn kaum noch einer kommt? Die Bayern in Nordrhein-Westfalen? Wir haben doch schon Oktoberfeste, Mai-Wies’n, Ganzjahreskarneval mit Kostümzwang. Lederhosenfröhlichkeit mit Latz vorne fürs Geschäft. Heimat empfängt mit offenen Blusen. Busenschau. 
Integration. Wer kann das denn wissen? 

Regierungsprecher (das Wort seibern soll als Neologismus, als neues Wort in den Duden aufgenommen werden und bedeutet soviel wie schönschwätzen, glattreden) Steffen Seibert seibert:  Wer das wissen kann? Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Annette Widmann-Mauz. Ich wache schweißgebadet auf. Mauz? Aus die Mauz! Was für ein Kauz bin ich denn, dass ich Annette Widmann-Mauz gar nicht kenne, den Namen jetzt zum ersten Mal höre? Ich habe geträumt, denke ich, die Mauz gibt es doch gar nicht. Da halte ich es wie der Andi Scheuer: Mauz ist ein Geräusch, das Katzen machen. Und die haben es nicht so mit der Integration. Wenn die Mäuse vor denen flüchten, dann haben sie die zum Fressen gern und integrieren die in den Verdauungstrakt. Deutschland für die Katz! Das muss man erst mal schlucken.

Georg Krakl - Ihr Sterne

John Steinbrech - Straße der Ölsardinendosen (2019)
Ihr Sterne!
Mag euch wohl, hab euch ganz gerne,
weil ihr Orientierung bietet in der Nacht,
weil ihr das Dunkle sicher macht.
Und dann (!) kann ich in fremdem Land euch auch am Himmel stehen
sehen
über Wüsten, Slums, Moscheen!
Nicht nur über uns, die Guten
hier mit BGB und Grundgesetz und Redefreiheit, Parlament.
Auch da, wo man in Plastikzelten pennt!
Ihr weist die Wege,
kennt nicht Völker, nennt nicht Namen,
die aus Not zusammenkamen.
Weist Menschen einfach Wege. Etwa nach Norden,
weg von Kriegen, weg vom Hungern, weg vom Morden.
Zeigt einen Weg, etwa zu uns in dieses Land,
das ich auch euretwegen sicher fand.
Ihr müsst doch diese bange Frage spüren:
Wohin soll das alles führen?

Ja- da habt ihr nichts zu sagen,
seid einfach still,
da können wir uns selber plagen
wenn jeder kommen kann, so wie er will.
So geht das nicht,
ihr dummes Licht!

Grenzenlos ist euer Himmelsstehen.
Ich will euch nicht im Ausland sehen!
Ihr seid die meinen, ich will euch nur Zuhause. Hier.
Ihr gehört doch mir.

Und dann die Sonne, auch ein Stern.
Eigentlich hab' ich den gern.
Die Sonne hat doch einen Knall!
Scheint überall!
Der Mond
scheint blass dazu, mit Sonnenhilfe, wie gewohnt.
Auch für die Schlechten
und die Rechten,
für die Rächer und die Ungerächten,
für die Täter und Verräter,
für die Schächer
und die Kriegsverbrecher.

Und alles blickt zum Himmel, strömt zu uns in unser Land, das ihr so sicher machtet.
Die Grenzen ignorierend,
und einfach so verschmierend,
als gäbe es nur eine Welt,
die ohne Grenzen nicht in Stücke fliegt, sondern zusammenhält.
Ihr Sterne! Wo ist euer stiller Blick, und wo die treue Wacht?
Das war doch einzig für uns ausgedacht!

Und jetzt die Menschen, ganze Scharen,
sind bald da, wo wir doch glücklich waren,
und es bleiben wollen.
Und jetzt zusammenrücken sollen.
Nicht schmollen.

Ihr Sonne, Mond und Stern, ach, wie ungehemmt,
scheint ihr uns euch Wohlbekannten und für Fremd!

Ich bin enttäuscht, ein wenig auch beleidigt,
dass ihr die Heimat nicht verteidigt.





Der weise Mann sagt: Bunt

In einer bunten Gesellschaft
muss es Farbige geben.