Gottfried Gottesmann: Morgenansprache - Die Welt schöner machen





Am Fenster standen zwei hässliche Tiere, die wohl Dekorationszwecke erfüllen sollten. Sie waren aus Holz oder Kunststoff oder einem anderen unleidlichen Material.

Sie taten mir leid, denn sie waren so hässlich, dass sie niemand lieben würde.

Alles hat eine Seele, sagt der Yogi und verknotet die Beine.

Wer mit Hässlichkeit bestraft ist, sollte sich nicht das Schöne zum Ziel setzen, sondern versuchen, dem Hässlichen etwas Schönes abzugewinnen.
Allerlei Philosophisches war in meinem Kopf umtriebig und ich konnte keinen klaren Gedanken fassen.
Wie konnte ich den hässlichen Tieren helfen? Vielleicht war ihnen gar nicht bewusst, dass sie hässlich waren, und vielleicht war ich es, den sie unansehnlich und  widerlich fanden. Oder sie nahmen mich gar nicht wahr. Ignoranz ist eine schlimme Haltung. Die müsste bestraft werden, damit die Ignoranten lernen, lernen, lernen. Tolerant zu sein, etwa. Leben zu lassen. Das Unansehnlich hat schließlich auch eine Existenzberechtigung, nämlich, das Ansehnliche deutlich zu machen. Wo keine Zwei ist, kann auch keine Eins entdeckt werden.
Dumme Tiere. Wie konnte man so bar jeder Empathie sein und dabei selbst auch so hässlich? Wie konnte man sich auch noch über andere erheben?
Ich packte die beiden schnell an den Hälsen und stopfte sie in den Mülleimer.
Ich atmete durch und wusste, dass ich den Raum, das Haus, die Straße, den Ort, die Welt ein bisschen schöner gemacht hatte.