Dem Pawlowschen Hund floss der Speichel aus dem Maul, wenn er eine Klingel mit einem Fleischbrocken zusammen wahrnahm, später reichte die Klingel, um den Kläffer sabbern zu lassen. Wir als treue Zeitungsleser wundern uns, wenn wir bei Fotos von Josef Ackermann plötzlich Zähneknirschen, Ohrensausen und das verstärkte Gefühl wahrnehmen, die Faust zu ballen und auf das Druckerzeugnis zu knallen, dass die Tassen Schuhplattler tanzen. Hier liegt schlicht eine Konditionierung vor. Wir reagieren gar nicht wirklich auf das Foto solcher Finanz-Arroganz, sondern auf seine über Jahre gezeigten Unverschämtheiten im Umgang mit Millionen und Milliarden. Also, Ruhe bewahren, alles halb so schlimm, der Mann ist es nicht, sondern das, was hinter ihm steht; da kann einem schon mal der Schaum aus dem Maul fließen, allerdings vor Wut und nicht in Erwartung irgendwelcher magenfreundlicher und hungerstillender Speisen. Scheiß-Psychosomatik oder wo das her kommt....
Bodos Welt mischt sich ein. Für Minden und die ganze Welt. Bodos Welt bleibt stehen, wo andere weitergehen. Bodos Welt geht weiter, wo andere stehen bleiben. Parteiisch. Übernatürlich. Unablässig. Erscheint täglich. Unaufhörlich.Unhöflich.
Hörfehler: Herr Ober, ein Wasser und....
Genau hingehört, wenn man im Restaurant-Gewerbe Karriere machen will!
Herr Ober, ein Wasser und ein Pils, bestellt der durstige Kunde, und da der nicht besonders wohlgenährt aussieht, bringt ihm der Ober ein stilles Wasser in der Plastikflasche, in der zwar mehr drin ist als in einem Glas, die aber nicht schön aussieht, und eine von Schnecken angeknabberte Marone, die sich hurtig blau färbt, wenn man seinen Daumen in die Lamellen drückt.
Herr Ober, ein Wasser und einen Pilz, hätte der Kunde sagen müssen, aber dem Ober sind Rechtschreibung, die man in der Regel natürlich nicht hört, und Grammatik fremd. Da muss nachgebessert werden. Und überhaupt: Wer will denn angefressene Pilze roh essen? Sprachliche Unzulänglichkeiten in Verbindung mit Hörfehlern, den Schuh muss sich Schuhministerin Sommer anziehen.
Dem Hausmeister ein Denkmal
Morgengrauen oder Morgenrot?
Was wird der Tag bringen?, stellt sich die Frage wie von selbst. Morgenrot - Schlechtwetterbot', hieß es früher. Verstanden haben die meisten "Morgenrot- Schlechtwetterbrot" und fragten sich den Tag lang, wie denn eine Scheibe Schlechtwetterbrot schmecke. Jeder kannte Schlechtwettergeld, wenn der Mauerer aufgrund starker Regengüsse die Abeit einstellte und sich seinen Unterhalt zwischendurch als Hausschlächter verdiente. Viel zu spät wurden den meisten klar, dass es nicht Schlechtwetterbrot sondern Schlechtwetterbot hieß, aber da war das Leben schon mit einer sinnlosen Frage und der sinnlosen Suche nach einer Antwort vergeudet. Dass einem dann graut, wenn das Morgenrot am Horizont auftaucht, wird schnell klar. Und deswegen spricht man heute lieber von Morgengrauen, denn es ist noch viel zu früh und wahrscheinlich wird es wieder ein grausiger Tag, nachdem man eben mit dem falschen Fuß aufgestanden ist, kein Kaffee mehr da war und der Toaster seinen letzten Röstvorgang gestartet aber erfolglos beendet hat.
Frucht sucht Geselligkeit: Die Banane
Günther Krass: Erinnerungen (3) - 1968 - Flügelhorn
Ich überlegte, ob ich etwas falsch gemacht hatte. Hätte ich schreiben sollen "Ich möchte gern Flügelhornspielenlernen"?, also den Vorgang des Lernens näher an das Flügelhornspielen rücken und damit meine Lernwilligkeit bekunden sollen? Wo lag der Fehler? Zwei Tage später schrieb ich einen neuen Zettel "Ich möchte gern Trompete spielen lernen". Also, Gitarre wäre auch ok, dachte ich bei mir. (Zum Foto: Es muss nicht immer eine Bodenzither sein, manchmal tut es auch eins chlichtes Flügelhorn. Hauptsache, es ist laut genug, um gegen ein Akkordeon anzudröhnen.)
Herbst: Ich bin eine Flasche
Schicksal als Chance: Doofe Namen
Nehmen wir mal Domino Carina. Das ist ein in Deutschland erlaubter Name. Niemand kann sich vorstellen, wer sein Kind so nennen würde, aber es gibt immer wieder Eltern, die ihr Kind bereits in frühem Stadium strafen und ihm einen lebenslangen Schaden besorgen wollen. Anfangs nennen sie den Zögling Dommi; das Kind denkt, es heiße Dominique. Wenn das Kind ungezogen ist, droht der Vater, seine Identität preiszugeben. Domino Carina, das klingt wie eine Mischung aus Süßigkeit und Damenbinde und ist garantiert ungeschlechtlich, bzw. vereint beide Geschlechter in einem Namen! Wahnsinn für ein Kind! Wie könnte eine Strafe schlimmer sein? Adermann! Ab morgen heißt du Adermann, das ist erlaubt. Venera ist die weibliche Form. Godot. Da ist der Name Programm; der Junge kann nur zu spät kommen und erfüllt stringent die Erwartungshaltung, dass alle auf ihn warten müssen. Uragano, Herrschaften, wo sind wir denn gelandet? Oregano - ok, das ist Griechenland. Aber Uragano? Hört sich nach einem Mittel gegen Blaseninfekte an. Fanta. Das muss erlaubt sein, will man sich auf dem Amt nicht Rassismus vorwerfen lassen. Fanta ist nicht die weibliche Form von Coco Cola, sondern die Freundin von Kunta Kinte, und der war Vorzeige-Sklave in der amerikanischen Alibi-Serie Roots. Fanta, doch, das passt, Kunta hat man da weniger, vielleicht wäre Sinalco nicht schlecht, als italienische Assoziation? Sonne, Strand, Amore? Ach, Ideen sind genügend da, es scheitert häufig an der Engstirnigkeit des Behördenschimmels, der laut aufwiehert, wenn ihm eine Kreation von den schlichten Eltern präsentiert und das dazuhörige Bild gezeigt wird. Aber dass auf dem Amt gewiehert werden darf, ist verbürgtes Recht seit Otto von Bismarck. Übrigens eine guter Name: Otto. Auch für Legastheniker. Liest sich vorwärts und rückwärts und auf dem Kopf. Klasse!
Neues aus Allerwelts
Bushaltestelle. Die Bushaltestelle von Tokio Hotel steht natürlich nicht in Tokio, sondern irgendwo hinter Magdeburg, irgendwo hinter Plattenbauten und neben Datschas von Stasipensionären. Aber an dieser Bushaltestelle haben die Kaulitzbrüder gestanden und auf eine Karriere als Rockmusiker gewartet, während sich der Schulbus näherte, der diesen Träumen jeden Morgen ein Ende bereitete. Und doch: Sie sind berühmt geworden, sogar in Lateinamerika, und jetzt versuchen findige Abzocker, die Bushaltestelle zu verkaufen. Bei Ebay stand das Angebot im Netz; keiner wollte das Wartehäuschen haben. Zu groß für mein Zimmer, schreibt Mandy aus Leipzig; nicht in Barbie-Rosa, ist der Kommentar von Nancy aus Belzig. Schließlich wurde das Gestell in Einzelteile zerlegt und Stück für Stück an willige Idioten verkauft, die sogar drei Kaugummis, die am linken Stützpfeiler klebten und eindeutig gebraucht waren (eine DNA-Analyse hat ergeben, dass alle drei von Bill stammen, sein Bruder nimmt sowieso nie die Kaumasse aus dem Mund, wie man bei Auftritten beobachten kann), für harte Euros in ihren Besitz brachten. Hier haben Mädels eine Alternative, falls sie chancenlos sind, von Bill je geküsst zu werden, nicht nur weil sie Mädels sind, sondern weil sie vielleicht nicht gut genug aussehen oder Akne haben. Einfach weichkauen und an Bill denken. DNA ist ja drin. Die Eigentümer des Bushäuschen wollen nun an den noch nicht verkauften Resten der Bude nach Urinspuren suchen, um den Preis der unteren Latten in die Höhe zu treiben. Selbst hierfür werden sich junge Menschen finden, die sonst nichts zu tun haben.
Ackermann. Josef Ackermann, der Chef der Deutschen Bank und hämischster Grinser der letzten Jahre neben Manager Esser, lehnt staatliche Hilfe in der Bankenkrise ab. "Ein Fond ist eben keine Rindersuppe, mit der man eine beige Mehlsauce kochen kann!", so sein Kommentar zum Angebot der Regierung. Aufgeschreckt hat ihn wohl Peer Steinbrücks Vorschlag, Managergehälter auf 500 000 Euro pro Jahr zu begrenzen. Das würde bei einem Ackermanngehalt von 12 Millionen fast einer Enteignung gleichen. Und - mal ehrlich, wer will denn für 500 000 Euro bei der Deutschen Bank arbeiten und das ganze Risiko tragen?
Ackermann: "Auf die eine Null am Ende mehr oder weniger kommt es doch gar nicht an. Hauptsache die Kasse stimmt..." Dass er die 1 vorne vergessen hat und es wohl um die eigene Kasse geht, sollte nicht unerwähnt bleiben.
Busweise. "Busweise wäre schon zu viel", so die Überschrift in einem Artikel des Weserstädtischen Tageblattes. Was ist gemeint? Handelt es sich um ein Adverb? Er kam busweise nach Hause, also mit dem Bus und nicht zu Fuß? Oder ist es ein Lied, das in einem Bus oder über einen gesungen wird? Sind es Fahrausweise, speziell für Busse: Busweise eben?
Wer mehr weiß, meldet sich!
Ackermann. Josef Ackermann, der Chef der Deutschen Bank und hämischster Grinser der letzten Jahre neben Manager Esser, lehnt staatliche Hilfe in der Bankenkrise ab. "Ein Fond ist eben keine Rindersuppe, mit der man eine beige Mehlsauce kochen kann!", so sein Kommentar zum Angebot der Regierung. Aufgeschreckt hat ihn wohl Peer Steinbrücks Vorschlag, Managergehälter auf 500 000 Euro pro Jahr zu begrenzen. Das würde bei einem Ackermanngehalt von 12 Millionen fast einer Enteignung gleichen. Und - mal ehrlich, wer will denn für 500 000 Euro bei der Deutschen Bank arbeiten und das ganze Risiko tragen?
Ackermann: "Auf die eine Null am Ende mehr oder weniger kommt es doch gar nicht an. Hauptsache die Kasse stimmt..." Dass er die 1 vorne vergessen hat und es wohl um die eigene Kasse geht, sollte nicht unerwähnt bleiben.
Busweise. "Busweise wäre schon zu viel", so die Überschrift in einem Artikel des Weserstädtischen Tageblattes. Was ist gemeint? Handelt es sich um ein Adverb? Er kam busweise nach Hause, also mit dem Bus und nicht zu Fuß? Oder ist es ein Lied, das in einem Bus oder über einen gesungen wird? Sind es Fahrausweise, speziell für Busse: Busweise eben?
Wer mehr weiß, meldet sich!
Schlechte Gedichte (1): Georg Krakl - Die Wurst
Du Wurst
Du Wurst in Beton
Ich hab Durst
und nicht Hunger
also lunger
hier nicht rum.
Amphore
Amphore in Beton
Ich habe Durst und nur Durst
Ich will dich trinken, ich will keine Wurst!
(Man kann Amphoren nicht trinken, man kann nur aus Amphoren trinken. Das führte zur Abwertung des Gedichts. Sonst ist es eigentlich ok, wenn man bedenkt für welchen Schwachsinn Preise vergeben werden.)
"Weiser Mann" Olli Dallilahmer: Rote Mülleimer-Meditation
Ich öffne den Deckel des roten Mülleimers und ziehe mich aus dem Roten heraus. Genug der heulenden Pfeileschießer, genug der verwundeten Knie und der kleingroßen Hörner. Custer, der Arsch! Ich weiß nicht, was soll es bedeuten? Ein roter Mülleimer hinter einem Sandstein-Kreuz.
Hände fest, tief durchatmen, Augen auf! Ich bin wieder voll und ganz im Hier und Jetzt!
Göttingen- Verfall der Sitten
Kunst will provozieren. Aber es ist doch eine Ausgeburt der Langeweile, wenn man meint, dadurch zu provozieren, dass man eine gute Handvoll Göttinger nackt in Bronze gießt und dann an irgendeine hässliche Stadtmauer klebt, um den Touristen zu veranschaulichen: Der Göttinger ist nicht prüde, der geht auch nackt vor die Tür, wenn es sein muss. Gott sei Dank, musste es bislang nicht sein. Lichtenberg hätte die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und mindestens 1004 Aphorismen und spitzfindige Bemerkungen in sein neuestes Sudelbuch geschrieben. Heute aber geht der Tourist ein wenig konsterniert an diesem scheinbaren Kunstwerk vorbei und schaut dann hinter einem Holunderbusch in der Botanik in seiner Hose nach dem Rechten, um sich verstohlen zu fragen: Ist bei mir denn alles in Ordnung?
Wenn einem nichts einfällt
Also, mal ehrlich, fällt dir, wenn ich mal dieses persönliche Personalpronomen gebrauchen darf, fällt dir, der du dieses Bild siehst, irgendetwas ein? Da sitzt ein verkrüppeltes (nur ein Bein!) Holzmännchen in einer Ecke des Stadtrandbungalows, zitternd vor Kälte und hoffend auf eine Kaminentzündung, gleichzeitig zitternd vor Angst, dass es Teil des Brennmaterials wird, das die Kälte durch warme, wohlige Wärme verscheuchen soll. Wir wissen doch alle: Holzmännchenkrüppel verbrennt man nicht, das ist fast Blasphemie. Aber es tut doch auch leid. Da sitzt jemand, gestützt auf seine Hände, bekommt also den Arsch praktisch nicht auf den Boden, wir sagen, der ist lebensuntüchtig, vielleicht meditiert er, aber wahrscheinlich nicht, da sitzt also einer in einer total unbequemen Haltung und fürchtet sich, Feuerholz zu werden, den Frierenden Wärmeelement zu sein. Meine Güte andererseits, wie viele Gläubge sind durchs Feuer gegangen und haben es der katholischen Kiurche recht gemacht, um einen Platz im Himmel zu bekommen? Also, da hat doch keiner Verständnis. Also, mir fällt nichts dazu ein, ganz ehrlich, man muss doch auch mal an andere denken und nicht nur an sich selbst, da hat so ein Bursche vielleicht vier, fünf Jahr still in der Ecke gesessen und jetzt ist er plötzlich dran; andere freuen sich, an der Fleischtheke, beim praktischen Arzt, auf dem Arbeitsamt endlich mal dranzukommen. Aber, das ist es ja, Undankbarkeit, erst jahrelang auf Kosten anderer im Trockenen gesessen und schön gefaulenzt, die Sonne genossen, sich an den Streitereien der Nachbarn ergötzt und dann, rums, soll es zum Einsatz kommen. Ja, Leute, was glaubt ihr denn, wo ihr seid? Nix ist umsonst. Selbst der Tod kostet das Leben, wie Tante Minchen immer sagte, und Recht hatte sie. Ich wiederhole für unsere Legastheniker: Da fällt mir nichts ein! Basta.
Geheimnisvolle Botanik
Praktische Geschenke: Wackersteine
Was hat man früher für unnützes Zeug geschenkt? Eine Packung TOSCA mit Seife und Toilettenwasser, einen Zigarettenspender oder einen Tischgong aus Messing mit künstlichem Grünspan, einen röhrenden Hirschen, der 24-Karat-vergoldet war und auf dessen Sockel "Braunlage" stand; zwei Gästehandtücher. Ein Oberhemd. Ein Buch. Noch ein Buch, obwohl es das letztes Jahr schon gegeben hat. Ist aber ein anderes Buch...Aha. Geschenke konnten Krisen auslösen, weil sich die Menschen nicht mehr richtig freuen können. In der schlechten Zeit hat man sich über ein Glas Leberwurst gefreut oder eine kleine Mettwurst. Heute sind wieder nützliche Geschenke gefragt, nachdem die unnützen sämtliche Abstellkammern, Kellerräume und unbenutzte Garagenteile plus angebautem Carport blockieren. Der Schenker will etwas zum Vorzeigen haben, der Beschenkte will sagen können: Meine Gäste können schenken, ich kenne keine doofen Leute, bzw. die lade ich nicht ein.
Jetzt in der Vorweihnachtszeit geht der Trend wieder zum Päckchen, weil das so heimelig wirkt. Wer das Schöne mit dem Nützlichen verbinden und gleichzeitig einen guten Eindruck hinterlassen will, greift jetzt auf Angebote der Baumärkte zurück: Eine Palette Wackersteine, fix und fertig als Geschenk verpackt mit schlichten Plastikbindern kann den finanziell ans Ende geratenen Bauherrn aus seiner Konto-Depression retten, eine Tüte Kies ab 25kg kann jeder gebrauchen oder einen Sack Zement, den man vielleicht schon in der eigenen Werkstatt vorgehärtet hat. Da lachen die Herzen auf beiden Seiten und es schießt der Satz durchs Hirn: Gottseidank nicht schon wieder TOSCA (für die Dame) oder TABAC (für den Herrn)! Richtig schenken ist kein Zufall.
Grafitti im Sauerland
Zarte Ansätze einer regional gefärbten Grafitti-Kunst, die von etablierten Bildungsbürgern als Schmiererei verschrien wird, kann man im Sauerland beobachten. Wenn auch Form und Inhalt schwer übereinanderzubringen sind, so kann man mit geübtem Auge doch Formen und Muster erkennen. Immer versucht der waldnahe Farbspritzer dem Objekt der Besprühung gerecht zu werden. Zu einem Baumstamm passen besonders gut florale Motive, einem Tannenbaum stehen gut weihnachtliche Muster. Wenn die Hand wohl noch gezittert hat, so kann man den Respekt, der der Natur gezollt wird, erkennen. Dass dann gelegentlich ein Bild daneben geht, ist verständlich. Bei der Darstellung des Isenheimer Altars, einem Triptychon immerhin, in der Grafitt-Version, kann dann etwas schiefgehen: Die Landkarte von Isenheim ist wohl zu undifferenziert und dass der Altar mit einem A anfängt, ist hinlänglich bekannt. Wo aber ist die Kreuzigungsszene und überhaupt: Wo sind hier die Menschen, das Allerwichtigste bei einer Kreuzigung? Na schön, über wäldliche Grafitti wächst schnell etwas Moos oder ein Parasitenpilz, das ist der Vorteil gegenüber Beton oder Eisenbahnwaggons. In diesem Sinne: Weiter so! Aber noch ein bisserl üben, gell?
Facelifting auch für junge Menschen
Man muss nicht immer warten, bis man eine Greisin ist, auch junge Menschen brauchen eine Gesichtsstraffung manchmal eher, als sie es sich in faltenloser Zeit gedacht haben. Kopfschmerzen sind oft die ersten Anzeichen für eine langsam voranschreitende Krankheit, die Gesicht und Schädel deformiert, so als wolle ein Balken aus dem Haupt herauswachsen und sich vor die Stirn schieben. Manchmal kann man ihn mit langen blonden Haaren oder einem auffällig großen Rollkragenpullover kaschieren bzw. von ihm ablenken; irgendwann ist dann aber eine Operation fällig, will man nicht lebenslang mit merkwürdigen Dellen auf der Straße herumlaufen. Die Bevölkerung hatte in Bezug auf junge Leute dafür bislang kein Verständnis. Jetzt wirbt eine Plakataktion dafür. Auf großflächigem Papier werden zwei Damen im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit gezeigt, die über ihr Bedürfnis nach Schönheit sprechen. Bei den beiden haben sich schon seitlich vom Kopf an den symptomatischen Dellen Scharniere gebildet, sodass man glaubt, man könne die Kopfmakel aufklappen oder aus der Angel heben. Das ist ein Irrglauben; ebenso wie die Vorstellung, man könne mit den Türgriffen, die sich am Ende der zweiten Phase in der Nähe der Arme bilden, irgendwie etwas öffnen. Völlig falsch, selbst als Deko oder Spezialpiercing sind diese Objekte nicht umzuwidmen. Hart für die Betroffenen. Darum: Verständnis ist angesagt.
Weizenbier und Kinder
Skulpturenpark in Körbecke am Möhnesee
Kunstliebhaber, der du intuitiv mit dem Baum hältst, denke daran: Die Skulptur stellt die Einsamkeit des Holzfällers dar! Bäume sind nämlich nicht einsam, die haben immer noch den Wald. Der Holzfäller aber ist eine aussterbende Art, der mit jedem gefallenen Baum auch seine Existenzberechtigung verliert. So weit kann Kunst greifen.
Zu Halloween sollen wieder Drähte gespannt werden, einmal, weil es lustig ist, wenn Menschen mit Kürbisköpfen über diese stolpern, zum anderen, weil ein Schnappballkleinfeld irgendwie besser einleuchtet.
Frühe Comics an alten Rathäusern
In Soest, der Bördestadt am Rande des Sauerlandes, hängen diese zwei Protagonisten des wortarmen Geschichtenerzählens. Hoss und Maik, zwei Symbolgestalten der Hansestadt, haben sich nach einem Zechgelage mal wieder mächtig was vor den Schädel gehauen, weil keiner der beiden den Haustürschlüssel dabei hatte. Nachdem sie ihr Bargeld und die gesamte Oberbekleidung verzockt hatten, blieben ihnen lediglich die grünlichen Inkontinenzwindeln und zwei Stäbe, an denen sich spitz zulaufende Hämmer befanden. Als ihnen die Köpfe vom vielen Hauen wehtaten, beschlossen sie, Frieden zu schließen und sich nicht zum Gespött der Leute zu machen. Sie montierten schnell das Wappen des Wirthauses "Zum roten Schlüssel" ab und trugen es lässig vor ihre Dreizimmerküchbad-Wohnung in der Unterstadt. Nachdem sie ihre Laubsägen aus der Wohnung geholt hatten, begannen sie, den Schlüssel auf dem Wappen auszusägen, um ihn in die Wohnungstür zu stecken und diese dann zu öffnen. Sag mal, fragte Maik, wie bist du denn an deine Laubsäge gekommen? Hoss antwortete: Ich bin einfach rein und hab sie aus meiner Schachtel mit der Weihnachtsdeko herausgeholt, da hast du sie ja wohl letzte Woche versteckt, oder? Dann war die Tür die ganze Zeit offen?, wunderte sich Maik. Wird wohl so sein, nickte Hoss völlig entspannt. Als die beiden zur Tür gingen, um den ausgesägten Schlüssel auszuprobieren, entdeckten sie, dass ihr eigener Wohnungsschlüssel nocht steckte. Morgen lasse ich sofort einen neuen machen, den verstecke ich dann in der Schachtel mit der Weihnachtsdeko und dann haben wir im Notfall immer einen zweiten, schlägt Hoss vor. Gute Idee, meint Maik.
Zum Andenken an diese langweilige Geschichte aus dem Soester Hansealltag hat man die Brüder samt rotem Schlüssel an die Frontseite des Rathauses genagelt, als Warnung für den Bürger: Ein bisschen blöd ist ok, aber nicht mehr, klar?
Mathematik im Sauerland
Der Sauerländer ist bekannt dafür, dass er aufgrund erhöhter Niederschlagsmengen zu den Problembuddlern in Deutschland gehört; es reicht ihm nicht, einfach fröhlich durch die Welt zu gehen und sein täglich Brot mit ehrlicher Arbeit zu verdienen. Der Sauerländer braucht Probleme. Wer sich als Erholungssuchender durch ein Dickicht schlecht ausgeschilderter Wanderwege quält - angeblich habe Kyrill einen Teil der Markierungen "weggeputzt" - und glaubt, er könne sich an der Natur erfreuen, stößt immer wieder auf Stellen, an denen der Sauerländer sein Wesen offenlegt. Es reicht ihm nicht, dass der Gast durch den Forst schlendert, er drückt ihm immer wieder etwas für den Kopf auf! Achtausendunddreizweiundsiebzigstel! Was soll das denn hier? Selbst wenn man die Zahlen, was ja der Strich zwischen ihnen symbolisiert, teilt, kommt man auf kein glaubwürdiges Ergebnis, vor allem nicht ohne einen Taschenrechner, den der Wanderer wohl kaum in seinem Rucksack findet. Beide Zahlen hatten jahrzehntelang um den Status als Primzahlen gekämpft, verloren hat die 72 als kleinere Zahl, was ja niemanden wundert, denkt man an die immer weiter auseinanderklaffende soziale Schere im Land. Die Kleinen werden nichts, die Großen können sich alles leisten. Primzahl, als wenn das was Besonderes wäre! Der Sauerländer hat jedoch im gleichen Jahr, als es der 72 abgelehnt wurde, Primzahl zu werden, einen absolutes Teilungsverbot erlassen. Was als schlichte, wenn auch unlösbare Aufgabe am Baumstamm leuchtet, ist nur eine böse Falle. Wer dennoch teilt, weil er es nicht lassen kann, wird mit Bußgeldern bis zu 100 € belegt. Dieses Geld fließt in sauerländische Gemeindekassen und wird für den Bau von Regenschutzüberdachungen angespart. Der kluge Mensch denkt an die ehemalige DDR und weiß: Vereinigen ist das Zauberwort, das wir uns teuer zu stehen kommen lassen. So bleibt nur der Rat: 8003 geteilt durch 72 ist verboten. Das richtige Ergebnis heißt: Achttausendfünfundsiebzig!
Serielle Fotografie: Auf dem Wochenmarkt in Soest
Serielle Fotografie soll das sein?
Sellerie-Fotografie, ganz plumpe Sellerie-Fotografie. Also: Bevor man ein Fremdwort benutzt, sollte man wissen, was es bedeutet.
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